Prozessauftakt nach Messerattacke in Grevenbroich „Eigentlich sind wir beste Freunde“

Grevenbroich/Mönchengladbach · Im Oktober 2018 verletzte ein 29 Jahre alter Grevenbroicher einen 24-Jährigen mit mehreren Messerstichen. Eine Notoperation rettete das Leben des Opfers. Der Prozessauftakt gab Einblicke in ein schwieriges Umfeld.

 Der Tatort am Abend des 6. Oktober 2018. Hier auf der Stadtparkinsel eskalierte der Streit zwischen zwei Freunden.  Archiv-Foto: Staniek

Der Tatort am Abend des 6. Oktober 2018. Hier auf der Stadtparkinsel eskalierte der Streit zwischen zwei Freunden. Archiv-Foto: Staniek

Foto: Dieter Staniek

Regelmäßig trafen sich die Freunde auf der Stadtparkinsel. Sie tranken, sie stritten sich, sie vertrugen sich wieder. Nicht so an einem Samstag im Oktober 2018, als ein 24 Jahre alter Grevenbroicher mit lebensgefährlichen Stichverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Der Fall wird seit Donnerstag vor dem Landgericht Mönchengladbach verhandelt. Der Vorwurf lautet Versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Der Angeklagte, ein 29 Jahre alter Grevenbroicher, bezeichnet sich als besten Freund des Opfers. Eigentlich. Er erinnere sich nur bruchstückhaft an den Tatabend, er lässt seinen Anwalt eine Erklärung verlesen. „Es ist scheiße gelaufen“ und „Ich bin froh, dass nicht mehr passiert ist“, lässt er sich dort zitieren.

Gleich mehrere Zeugen werden am ersten Verhandlungstag gehört. Darunter das Opfer, dessen Verlobte und mehrere Freunde. Sie alle waren am Tatabend dabei. Sie alle tranken viel Alkohol. Glaubt man ihren Aussagen, spielte es sich in etwa so ab: Das Opfer und der Angeklagte sind alte Freunde. Doch der Angeklagte hat ein Drogenproblem, ist mehrfach einschlägig vorbestraft. Er kiffte, nahm Amphetamine. Und immer wenn er „drauf“ war, wurde er aggressiv. „Er hatte immer mehr Hass in sich. Hass, den ich gar nicht mehr nachvollziehen konnte“, sagt das Opfer.

Daran, dass es am Tatabend so eskalierte, sei aber auch der 24-Jährige nicht ganz unschuldig. Es begann wohl mit einer Flasche Jägermeister, die der 29-Jährige mitgebracht hatte. Alle ließ er trinken, nur das spätere Opfer nicht. Das nannte er stattdessen einen „Hurensohn“. Warum er gerade auf ihn so sauer war, blieb unklar.

Der 24-Jährige sei dann allerdings auf ihn los, habe als Erster zugeschlagen. Die beiden wurden getrennt. Beruhigten sich scheinbar. Beim zweiten Mal ging es weniger glimpflich aus. Der Angeklagte zog ein Messer und stach im Kampf zu. Das Ergebnis: Sechs Stichwunden, vier am Arm, zwei im Rücken. Ein Stich trifft die Lunge. Eine Not-Operation rettet das Leben des jungen Grevenbroichers.

So weit, so klar. Der Angeklagte bestreitet die Tat nicht. Im Gegenteil: Nach der Aussage des Opfers wird er emotional. „Ich bin Gott dafür dankbar, dass du noch lebst“, sagt er zum Opfer. „Du bist wie ein Bruder für mich, trotz allem.“ Auch das Opfer klingt versöhnlich. Nach der Tat habe er den 29-Jährigen gar nicht anzeigen wollen. Er sei sich sicher, dass der Angeklagte ihn nicht umbringen wollte. Der körperliche Konflikt sei von ihm selbst ausgegangen, sagt der 24-Jährige.

Doch hier gehen die Aussagen der Zeugen leicht auseinander. Viele von ihnen haben Erinnerungslücken. Es bleibt unklar, wer was am Tatabend bei klarem Verstand wahrgenommen hat. Da gibt es die einen, die sagen: Der Angeklagte wollte weggehen und sei vom Opfer aufgehalten worden. Mit den Messerstichen wollte er nur klarmachen: „So und nicht weiter“, sagt ein Zeuge. Eine Zeugin hingegen will beobachtet haben, wie der Angeklagte das Opfer zum Kampf – „Mann gegen Mann“ – aufforderte. Den genauen Ablauf zu klären ist nun die Kernaufgabe des Gerichts. Angesetzt sind sieben Verhandlungstage. Mit einem Urteil wird am 14. Juni gerechnet.

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