Teilnehmerin aus Grevenbroich Sayana bei Germany’s Next Topmodel - ein Pro und Contra

Grevenbroich · Seit einigen Wochen verfolgen die Zuschauer Sayanas Werdegang bei Germany’s Next Topmodel. Über die neue Folge haben unsere Autorinnen ein Pro und Contra geschrieben.

  • Pro - von Valeska von Dolega: Ja, ich lasse mich gerne einfach unterhalten. Bei meinem Faible für Formate wie die Europameisterschaft im Singen, gemeinhin Eurovision Song Contest genannt, mit Trickkleidern und spektakulären Lichtinstallationen, passt #gntm genau ins Konzept. Denn diese Shows bestätigen, was Andy Warhol postulierte: Jeder wird mal für 15 Minuten berühmt sein. Sayana beispielsweise war eben noch eine Abiturientin unter vielen der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule, die in ihrer Freizeit an Jugendcamps teilnahm und für Völkerverständigung warb. Anstelle total lokal zu agieren, betritt die 20-Jährige jetzt erstmal eine größere Bühne, es fiebern Millionen mit, wenn sie – perfekt gestylt – Herausforderungen meistert. Keine Frage, die Challenges sind oft Kindergeburtstag, wie jetzt bei dem Travolta-Tanzwettbewerb. Aber gerade das ist doch der Witz. Und die Sendung, die auf keinerlei intellektuelle Qualitäten setzt, sondern nur auf Optik baut, bestätigt, was Dichter wie der Schweizer Gottfried Keller in der Novelle „Kleider machen Leute“ schon vor 145 Jahren geschrieben haben. Auch das eine mutmachende Erkenntnis: Ein paar bunte Klamotten um den Leib, die Haare mal anständig gebürstet und die Lippen akkurat nachgezogen – so wird aus dem sprichwörtlichen Entlein der strahlendere Schwan und das Hirn hat Pause. Peter Sloterdijk-Lektüre kann ausnahmsweise auf einen anderen Abend verschoben werden. Nein, das inszenierte Tamtam ersetzt dauerhaft nicht Klugheit oder Bildung und reicht nur für den Moment. Wie auch immer Sayana bei der Castingshow abschneidet und was das für eine weitere Karriere bedeutet – die 20-Jährige ist in Duisburg für Business-Management eingeschrieben – wird sich zeigen. Doch auch, wenn sie im Finale nicht im goldglitzernden Konfetti-Regen stünde, hätte sie doch hoffentlich auf dem Weg dorthin Spaß gehabt. Wie die Zuschauer des Formats. Und wer #gntm doof findet, braucht es sich nicht anzusehen.
  • Contra - von Gundhild Tillmanns: Der ganze Szenerie von „Germany’s next Topmodel“ ist fast so etwas wie eine moderne Form des Märchens vom schönen Schneewittchen und seiner eitlen, bösen Stiefmutter: „Spieglein, Spieglein, an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“, scheint da allwöchentlich zur Donnerstagsausstrahlung bei Pro7 die sichtlich alternde Heidi Klum „in ihren Spiegel“ zu fragen. Und der scheint auch, fast so wie im Märchen, zu antworten: „Frau Heidi, Ihr seid die Schönste hier in Los Angeles oder wahlweise in Bergisch Gladbach. Aber Sayana hinter den sieben Bergen in Grevenbroich ist tausendmal schöner als Ihr!“ Wahlweise wird der Spiegel der Heidi natürlich auch die Namen der übrigen, ebenfalls noch bis zur Endausscheidung verbleibenden Kandidatinnen vorhalten. Und genauso, wie die böse Stiefmutter im Märchen dem schönen Schneewittchen einen vergifteten Apfel zu beißen gibt, so quält die „gute Heidi“ Sayana & Co. auch durch die Model-Aufgaben von Folge zu Folge. Dabei ist es höchst fraglich, ob die Präsentationen wirklich einer späteren Karriere und Zukunft der Teilnehmerinnen förderlich sind, wie es die Macher von „Germany’s Next Topmodel“ vorgeben. Eigentlich dient die das ganze Format doch viel mehr dem Fremdschämen und vor allem dem Voyeurismus. Und zu einem dient „Germany’s Next Topmodel“ ganz gewiss: Heidi Klum bleibt nicht nicht nur wegen ihres wesentlich jüngeren Lovers aus Ostdeutschland immer noch medial präsent und irgendwie im Geschäft. Doch was wird aus Grevenbroichs „Schneewittchen“? Sayana ist zum Glück nicht schön-dumm, sondern eine Schönheit und klug dazu. Die Türen der Universitäten stehen ihr offen, wenn der Fernsehlaufsteg bald als eine Jugend-Episode abgehakt sein wird.
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