Spiritueller Zwischenruf Nicht ziellos durch die Corona- und Kirchenkrise

Langwaden · Was verbindet Impfwillige mit denjenigen, die aus der katholischen Kirche austreten wollen? Dieser Frage geht Pater Bruno Robeck, Prior der Langwadener Zisterziensermöche, in seiner wöchentlichen Kolumne nach. Und der versucht Antworten zu finden.

 Bruno Robeck ist Prior der Zisterzienser aus dem Kloster Langwaden.

Bruno Robeck ist Prior der Zisterzienser aus dem Kloster Langwaden.

Foto: Melanie Zanin

Was verbindet die Hotline zur Vergabe von Impfterminen und die Hotline zur Vergabe von Kirchenaustrittsterminen beim Kölner Amtsgericht? Der Ansturm auf beide war so stark, dass die Kommunikationssysteme kurzzeitig zusammenbrachen. Es war ein sehr ermutigendes Zeichen, dass der Impfbedarf so groß ist. Es war jedoch ein sehr tragisches Zeichen, dass die Kirchenaustrittswelle ungebrochen hoch ist und eher noch zu wachsen scheint.

Impfwillige und Austrittswillige verbindet, dass sie die gegenwärtige Situation nicht weiter hinnehmen wollen, sondern sich dagegen wehren. Alle, die sie sich impfen lassen, tragen durch die Immunisierung dazu bei, dass das Coronavirus zurückgedrängt wird. Sie bahnen den Weg für eine neue Zukunft. Alle, die aus der Kirche austreten, geben vor allem ihrem Ärger und vielleicht auch ihrer Resignation Ausdruck. Der Exodus aus der Kirche verringert die Anzahl der Kirchensteuer zahlenden Mitglieder, aber er bewirkt keine wesentliche Veränderung in der Kirche. Vielmehr verliert die Kirche die kritisch denkenden Glaubenden, die gerade jetzt so sehr gebraucht würden, um notwendige Reformen voranzubringen und Missstände abzustellen. Wer aus der Kirche austritt, nimmt keine Verantwortung wahr, sondern er gibt sie ab und überlässt sie den Zurückbleibenden.

Es gibt viele Argumente, die einen Kirchenaustritt verständlich machen. Es gibt jedoch ein gewichtiges Gegenargument. Veränderung geschieht nur von Innen her. Das gilt sowohl für das persönliche Leben als auch für große Institutionen. Wenn ich mich in Äußerlichkeiten flüchte, werde ich mich nicht ändern können. Wenn ich einen Verein oder die Kirche verlasse, werde ich diese auch nicht mehr mitgestalten können. Es kommt darauf an zu bleiben und zu kämpfen. Die große Frage ist jedoch, ob man noch dazu willens ist oder ob man den inneren Bezug schon längst verloren hat. Dann erscheint die Trennung notwendig und plausibel. Jeder sollte sich fragen, wie es zu dieser Entfremdung kommen konnte. Alle, die in der Kirche Verantwortung tragen, und alle, die trotz der immensen Schwierigkeiten die Kirche lieben, müssen sich fragen, warum sie die schleichende Entfremdung so vieler Getaufter nicht bemerkt haben, die nun zum sichtbaren Bruch führt.

Die Fastenzeit fordert uns auf umzukehren. Diese Forderung gilt uns allen, besonders denen, die meinen, dass bei ihnen selbst alles in Ordnung sei und dass sich nur die anderen ändern müssten. Jeder wird bei sich Fehler oder wenigstens Verbesserungspotenzial entdecken. Wir können und dürfen uns ändern und neu anfangen. Wichtig ist jedoch auch, dass wir ein Ziel haben. Wer gegen das Coronavirus ist und sich impfen lässt, trägt dazu bei, dass es wieder mehr Freiheiten in der Zukunft gibt. Wer nur seine Zugehörigkeit zur Kirche oder seine Mitgliedschaft in einem Verein aufkündigt, setzt damit zwar einen Schlusspunkt, aber er hat noch nichts Neues und Konstruktives begonnen. Umkehr heißt nicht unbedingt Bruch mit dem Alten, sondern vielleicht dessen Umgestaltung. Es kommt auf das Ziel an, das ich erreichen will. Mein Ziel ist klar: Corona zu besiegen und an der Erneuerung der Kirche mitzuarbeiten. Dabei weiß ich, dass ich mich in einigen Punkten auch selbst ändern und impfen lassen muss. Prior Bruno Robeck, OCist

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