Kaum noch Nistplätze Grevenbroicher Meise brütet in einer Ampel

Grevenbroich · Vögel sind erfinderisch: Weil Nistgelegenheiten fehlen, brüten Falken und Meisen in Grevenbroich da, wo man sie nicht erwartet.

Grevenbroich: Meise nistet in Verkehrsampel
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Meise nistet in Verkehrsampel

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Foto: Norbert Wolf

Anderswo mögen Falke, Meise & Co. von der Obdachlosigkeit bedroht sein. Nicht so in Grevenbroich, wo sich die gefiederten Freunde auch inmitten schnödester Urbanität ihre Lebensräume zurückerobern.

So sichtete Umweltexperte Norbert Wolf jetzt an der Lichtzeichenanlage am Fürther Berg eine Stadt-Meise, die sich offensichtlich in der Dunkelheit des Ampelgehäuses ein behagliches Domizil eingerichtet hat. "Auch in diesem Jahr brüten wieder Blau- und Kohlmeisen in verschiedenen Verkehrsampeln", beschreibt der städtische Umweltbeauftragte die Situation. "Es fehlen alte morsche Bäume mit Ast- und Stammhöhlen, in denen es sich einst so hervorragend brüten ließ", führt der Umweltexperte aus, warum besagte Blaumeise die kommenden Monate den Brutplatz als Schlaf- und Nisthöhle nutzt. Denn die Blaumeise ist ein Höhlenbrüter und bevorzugt ein dunkles Milieu. Bis zu acht Eier legt die Meise, weiß der Fachmann. Und weil dieser Vogel ein überaus ordentliches Tierchen ist, also sprichwörtlich die Hütte sauber hält, kann derzeit beobachtet werden, wie die Blaumeise mit Futter im Schnabel hineinfliegt und auf dem Rückflug ins Freie Kotbällchen von sich und dem Nachwuchs ausfliegt.

 Abflug!

Abflug!

Foto: Norbert Wolf

Falken brüten im Tagebau

Sich durch ein aus technischen Gründen gegebenes Schlupfloch ins Innere einer Ampel zu zwängen, ist für diesen kleinen Vogel also nichts Ungewöhnliches und wird nur vom Menschen als "kurios" bezeichnet. Von diesen verrückten Nistplätzen kennt Norbert Wolf einige. Bekanntermaßen ist Grevenbroich auch ein Mekka für Falken, "die Vögel brüten hier an Kraftwerken und sogar an Baggern und Absetzern im Tagebau", beschreibt er die sogenannten Kunst-Felsen. Übrigens ist er selbst in Schwindel erregende Höhen gekraxelt, um Jungvögel in den Nestern zu vermessen, zu wiegen und auf Krankheiten zu untersuchen.

Aber auch Nester von Bachstelzen entdeckte er an ungewöhnlichen Orten. "Unter anderem kam mal ein Fernfahrer auf uns zu, unter dessen Motorhaube hatte es sich eine Bachstelze bequem gemacht", sagt Wolf. Sie saß in der Wärme auf ihrem Gelege. Gleiches gilt für zu lange offen stehenden Heckklappen von Wohnmobilen, in denen sich schon so manche Bachstelze mit einem Nest häuslich eingerichtet hat. Beliebte Plätze für Vögel sind auch Dächer - selbst an stark befahrenen Adressen wie der Bahnstraße. Stockenten machen es sich alljährlich auf dem Dach des Möbelhauses bequem, und in den Schießscharten des Alten Schlosses nisteten früher Turmfalken. "Die scheinen aber inzwischen von Nilgänsen vertrieben worden zu sein", vermutet Norbert Wolf. Die Nilgänse wiederum seien zahlenmäßig auf dem Vormarsch und okkupieren die bereits eingerichteten Ersatz-Brutstädten.

Weil in Gebäuden Hohlräume fehlen, die nicht mehr gebaut oder aus energetischen Gründen umstrukturiert werden, fehlt es Schwalbe und Artgenossen an natürlichen Brutplätzen. Nistkästen zu bauen und zu platzieren, hilft den Tieren, sagt Norbert Wolf. Bauanleitungen bekommt man im Schneckenhaus.

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