Natur und Umwelt in Grevenbroich Happy End für Uhu-Jungtier „Karlchen“

Grevenbroich · Erst fiel er aus dem Nest, dann zog ihn eine fremde Uhu-Mutter groß. Jetzt aber ist Karlchen flügge.

 Stolz schwingt „Karlchen“ seine Flügel. Er wurde jetzt in der Nähe seines Ex-Brutplatzes ausgewildert.

Stolz schwingt „Karlchen“ seine Flügel. Er wurde jetzt in der Nähe seines Ex-Brutplatzes ausgewildert.

Foto: Stadt Grevenbroich

(von) Karlchen kommt vom Dach, so ähnlich wie sein berühmter Namensvetter, Kinderstar „Karlsson“. Nur, dass ersterer ein Jungvogel ist, der bereits ein spektakuläres Leben hinter sich hat. Dass er jetzt in der Nähe seines ehemaligen Brutplatzes an der Vollrather Höhe ausgewildert werden konnte, ist ein „echtes Happy End“, wie Norbert Wolf sagt.

Der Umweltexperte war es, der in einer lauen Mai-Nacht telefonisch alarmiert wurde. „Die RWE-Werkfeuerwehrleute hatten einen nur wenige Wochen alten Uhu gefunden und weil in seiner unmittelbaren Nähe eine halbverdaute, ausgewürgte Ratte lag, fürchteten sie, der Vogel habe sich vergiftet.“ Also sammelte der „Schneckenhaus“-Chef den kleinen Vogel in einer entsprechenden Box ein. In der heimischen Voliere stellte er fest, „der Vogel war total ausgehungert“, futterte mit Appetit, was ein „gutes Zeichen gegen eine Vergiftung war“. Auch die Stichproben, die er aus dem ausgespuckten Gewölle nahm, „sahen vollkommen normal aus“. Karlchen hatte offensichtlich nichts Falsches gefuttert. Karlchen war wohl aus seinem Nest gefallen. Also sollte er so rasch wie möglich zurück zu seinen Altvögeln gebracht werden. „Das geht bei Uhus im allgemeinen und Tieren seiner Altersklasse besonders gut“, erklärt der Fachmann.

Denn das Jungtier war damals im sogenannten Infanteristen-Stadium. Sprich: er war viel zu Fuß unterwegs, flatterte bereits ein bisschen, was aber noch nicht flügge – und konnte also zurück zum Rest der Sippschaft. „Alt-Uhuhs finden die Jungtiere auch schnell“, sodass nichts gegen die Familienzusammenführung sprach. Mit Hilfe der Werkfeuerwehrleute wurde der Vogel zurück zu einem Dach oberhalb des Fundortes gebracht – und die Geschichte schien ihr glückliches Ende gefunden zu haben.

Einen Tag späte klingelte wieder Norbert Wolfs Telefon, wieder war es ein Werksfeuerwehrmann, „dem quasi durch die Telefonleitung anzuhören war, wie überglücklich er war“, erinnert sich der Umweltexperte. Karlchen habe die erste fette Beute gemacht, sagte der Feuerwehrmann über das junge Tier. Das wiederum verwirrte Norbert Wolf und Falknerin Tanja Brandt, junge Uhus in diesem Alter zerteilen große Beute noch nicht selbständig, so dass ein Foto der Situation erbeten wurde.

 Als Wollknäul fiel Karlchen einst aus seinem Nest.

Als Wollknäul fiel Karlchen einst aus seinem Nest.

Foto: Stadt Grevenbroich

Und das war der zweite Schicksalsschlag, denn das Bild zeigte eindeutig Jungvogel Karlchen neben einem toten Altvogel, „dem er wohl versuchte, das Futter abzubetteln“. Damit Klein-Karlchen nicht verhungert – es handelt sich um eine seltene Spezies, die auch bundesweit streng geschützte wird – musste zur Aufzucht eine Ersatzfamilie gefunden werden. Der befreundete Greifvogel- und Eulenspezialist Martin Hagemann einer Essener Falknerei war sofort bereit, sich um den Junguhu zu kümmern. Streng genommen war es Uhu-Weibchen „Gretel“, die in der Falknerei sowieso zwei Jungvögel aufzog und sich Karlchens annahm. „Der lernte, was ein Uhu lernen muss“, fasst es Norbert Wolf zusammenund wurde ein „wunderschöner, wildbahnfähiger Uhu“ – und jetzt in der Nähe seines Geburtsortes freigelassen.

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