Suche nach Mörder von Claudia Ruf Fast 600 Männer geben DNA-Proben in Hemmerden ab

Grevenbroich · Die dritte und größte DNA-Reihenuntersuchung im Mordfall der elfjährigen Claudia Ruf läuft noch dieses und kommendes Wochenende. Bis Sonntagnachmittag haben fast 600 Männer Speichelproben abgegeben.

 Die ersten Männer kommen am Samstagvormittag zur Grundschule in Hemmerden, um eine DNA-Probe abzugeben.

Die ersten Männer kommen am Samstagvormittag zur Grundschule in Hemmerden, um eine DNA-Probe abzugeben.

Foto: Dieter Staniek

Vor 23 Jahren veränderte eine grausame Tat alles im beschaulichen Hemmerden. Damals hatte ein Mann, vermutlich im Alter zwischen 14 und 70 Jahren, die elfjährige Claudia Ruf ermordet. Trotz umfangreicher Ermittlungen führt bis heute keine Spur zu ihrem Mörder. Doch sogenannte „Cold Cases“, ungeklärte Mordfälle, werden nicht gänzlich zu den Akten gelegt. Die Ermittlungstechnik entwickelt sich stetig weiter, und so findet an diesem und am nächsten Wochenende die dritte DNA-Reihenuntersuchung in der Grundschule in Hemmerden statt. 800 Männer, die 1996 in und um Hemmerden gewohnt hatten oder einen engen Bezug zum Dorf hatten, sind dazu eingeladen worden. Am Samstag erschienen der Polizei zufolge bereits rund 480 Männer. Bis Sonntagmittag hätten fast 600 Männer in einer Grundschule eine Speichelprobe abgegeben, berichtete ein Polizeisprecher. Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach hat außerdem für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, 5000 Euro ausgelobt. Seit der Bekanntgabe der wieder intensiveren Ermittlungen sind bei der Mordkommission bislang rund 100 Hinweise eingegangen

„Meine älteste Tochter ist im gleichen Alter, hat denselben Kindergarten und dieselbe Schule wie Claudia besucht. Nach solch einer schrecklichen Nachricht wurde auch meiner Frau und mir ganz anders“, erinnerte sich Horst Ihlefeldt. Der 50-Jährige war zum Tatzeitpunkt 27 Jahre alt und lebt seit seiner Kindheit in Hemmerden. Auch ihm ist eine Einladung der Polizei zugestellt worden. „Für mich steht es außer Frage, dem Aufruf zu folgen. Ich habe bereits 2007 und 2010 an den Tests teilgenommen und sehe es als meine Pflicht, die Aufklärung des Falles zu unterstützen. Ich fühle mich auch nicht, als würde ich unter Verdacht stehen. Denen, die nichts Unrechtes getan haben, kann schließlich nichts passieren.“

Wie viele andere Männer betrat auch er am Samstagvormittag das abgeriegelte Gelände der Grundschule, um sich eine Speichelprobe entnehmen zu lassen. Im Wartebereich hatte die Polizei einen Fernseher aufgebaut, auf dem ein Erklärfilm lief. Zunächst wurde er von einem Polizeibeamten in den ersten Raum begleitet, in dem der Personenabgleich anhand des Personalausweises erfolgte und die Einverständniserklärung unterzeichnet wurde, so berichtet Ihlefeld. Der Polizeibeamte habe dann einen Umschlag, in dem zwei mit einer anonymisierten Nummer versehenen Behälter enthalten waren, an sich genommen und Horst Ihlefeldt in den zweiten Raum begleitet. Dort entnahmen zwei Mitarbeiter des Erkennungsdienstes die Speichelprobe – ähnlich dem Prozedere einer Registrierung für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei.

Journalisten war der Zutritt zum Gebäude untersagt. Nur von der Polizei eingeladene Männer durften das Gebäude betreten.

Journalisten war der Zutritt zum Gebäude untersagt. Nur von der Polizei eingeladene Männer durften das Gebäude betreten.

Foto: Dieter Staniek

Der zugeklebte Umschlag mit den Proben wird bereits am Abend dem Landeskriminalamt zur Auswertung übergeben. „Einerseits kann ein Direktabgleich der Speichelprobe mit der Tatspur dazu führen, dass der Proband als Spurenverursacher ausgeschlossen wird und die Ermittlungen weiter auf den Täter fokussiert werden können. Andererseits ist es mittlerweile möglich, Verwandtschaftsverhältnisse über die DNA-Probe zu bestimmen“, erklärte Polizeisprecher Robert Scholten.

Reinold Jordan, Leiter der Mordkommission der Polizei Bonn, verspricht sich viel von diesem Massentest. „Die Fallanalyse und die Ermittlungen haben ergeben, dass der Täter einen engen Bezug zu Hemmerden hatte. Außerdem hätte er einen geschützten Raum in Form eines Hauses, eines Kellers, einer Garage oder eines Verschlags nutzen können. Sonst wäre Claudia viel früher bei der Suchaktion gefunden worden, die sofort gestartet wurde, als der Nachbarshund, mit dem sie spazieren gegangen war, alleine nach Hause kam.“

Einige der Probanden sind inzwischen 80 Jahre und älter. Das betrifft etwa 80 Personen, die von der Polizei zu Hause aufgesucht werden, um ihre Spende abzugeben. „Die Resonanz aus der Bevölkerung ist sehr positiv, die meisten sind daran interessiert, uns bei unserer Arbeit zu unterstützen“, lobte Jordan. „Wünschenswert wären weitere Hinweise zu Personen, die zum Tatzeitpunkt vielleicht unangemeldet in Hemmerden gelebt haben oder etwa eine Garage angemietet hatten.“

Auch die Antwort auf die Frage, warum Claudia 70 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt gefunden worden war, hat die Polizei bereits – kann sie aber aus ermittlungstaktischen Gründen nicht an die Öffentlichkeit tragen. „Wir fordern eine Erklärung von dem Täter, wenn wir ihn gefunden habe“, betonte Profiler Andreas Müller. Die DNA-Reihenuntersuchung wird am kommenden Wochenende fortgesetzt. Mit den Ergebnissen rechnet die Polizei in vier bis acht Wochen.

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