„Igel-Mama“ aus Wevelinghoven Inge Lempka rettet stachelige Wildtiere

Wevelinghoven · Die Wevelinghovenerin kümmert sich um bis zu 40 verletzte Igel gleichzeitig. Warum sie gerade zu dieser Jahreszeit besonders viel zu tun hat.

 Dieser Igel bringt zu wenig Gewicht auf die Waage und muss gefüttert werden. Inge Lempka lässt das Tier eine spezielle Milch aus einer Spritze saugen.

Dieser Igel bringt zu wenig Gewicht auf die Waage und muss gefüttert werden. Inge Lempka lässt das Tier eine spezielle Milch aus einer Spritze saugen.

Foto: Kandzorra, Christian

Wenn sich Inge Lempka bei einer Tasse Kaffee im Garten eine ruhige Minute gönnt, dauert es nicht lang – da klingelt es wieder, das Telefon: Es ist ein Notfall, ein Igel, der nicht mehr richtig läuft. Eine Dame ist am Apparat, macht sich Sorgen um das offenbar verletzte Tier in ihrem Garten. Bei Inge Lempka ist sie an der richtigen Adresse. Als „Igel-Mama“ ist sie bekannt, gerade im Mai hat sie mit den stacheligen Wildtieren alle Hände voll zu tun. Jeden Tag, manchmal vier, manchmal fünf – oder auch sechs Stunden. „Momentan ist es schlimm“, sagt sie. „Ich habe viele verletzte oder abgemagerte Tiere.“ Im Frühjahr nimmt sie im Schnitt vier Igel pro Tag an, die ihr besorgte Tierfreunde vorbeibringen. Aktuell ist sie mit beinahe 40 Igeln so gut wie „ausgebucht“, die Boxen in ihrem Keller sind fast alle belegt. Lempka kümmert sich fürsorglich um die Tiere, päppelt sie auf, so dass sie wieder zu Kräften kommen, und wildert sie nach einiger Zeit fit wieder aus.

Warum gerade jetzt so viele Igel kommen? Das hat zwei Ursachen, erklärt die Wevelinghovenerin: Zum einen sind kürzlich die letzten Tiere aus dem Winterschlaf erwacht. Die, die vor dem Winter nicht genug Futter gefunden haben, sind nun zu mager und brauchen dringend Nahrung. Andere sind verletzt – vor allem Männchen. „Es ist Paarungszeit“, sagt Inge Lempka: „In Revierkämpfen beißen sich Männchen gegenseitig zum Beispiel an den Beinen oder an der Stirn. Manche rollen sich förmlich gegenseitig durch die Gärten.“

 Inge Lempka aus Wevelinghoven kümmert sich seit rund 14 Jahren um verletzte und abgemagerte Igel.

Inge Lempka aus Wevelinghoven kümmert sich seit rund 14 Jahren um verletzte und abgemagerte Igel.

Foto: Kandzorra, Christian

Das Problem: Dadurch, dass sich Igel draußen naturgemäß oft auf unreinen Flächen bewegen, gelangen leicht Bakterien in die Wunden, die sie durch die Revierkämpfe davongetragen haben. „Dadurch kommt es bei manchen Tieren zu so dicken Abszessen, dass sie sich nicht mehr richtig bewegen können“, berichtet Lempka. Ein Tier beispielsweise konnte sich durch einen solchen Abszess nicht mehr richtig einrollen. Auch durch Gartengeräte wie Mähroboter, die sie rammen oder überrollen, oder durch Mistgabeln, die manche unvorsichtig in Komposthaufen stechen, können Igel schwere Verletzungen davontragen.

In den vergangenen 14 Jahren – so lange kümmert sich Inge Lempka schon um die nachtaktiven Wildtiere – hat die Zahl der Anrufe bei ihr zugenommen. Ihre Kontaktdaten sind mittlerweile auch bei etlichen Tierärzten hinterlegt. Igel werden aus Grevenbroich, Neuss, Dormagen, Stommeln, Pulheim und manchmal sogar aus dem Ruhrgebiet zu ihr nach Wevelinghoven gebracht. „Ich glaube, dass viele Leute heute verstärkt auf Igel achten. Andererseits wird es für Igel durch das Insektensterben immer schwieriger, Nahrung zu finden“, sagt Lempka.

Die Tiere ernähren sich unter anderem von Käfern und Raupen. Schottergärten, sterile Beete und Pestizide machen es ihnen nicht einfacher. „Sie fressen auch Regenwürmer und Schnecken, wenn sie nichts anderes finden“, sagt die „Igel-Mama“ – allerdings gelangten über den Verzehr dieser Tiere auch Parasiten in die Igel. Wer Igeln helfen will, sollte im Garten an manchen Stellen Unkraut stehen lassen, damit sich Igel verstecken können. Außerdem finden sie da, wo es „kreucht und fleucht“ leichter Nahrung.

Inge Lempka investiert viel Zeit und Geld in die Behandlung von Verletzungen, aber auch in die „Entwurmung“, sprich das Entfernen von Parasiten. „Bei zu vielen Innenparasiten werden die Igel appetitlos.“ In solchen Fällen muss Lempka zufüttern, damit ihre Schützlinge wieder zu Kräften kommen. Jeden Morgen bereitet sie Rührei zu, vermischt es mit fleischhaltigem Katzenfutter, füttert die Igel, reinigt ihre Boxen, versorgt sie medizinisch, fährt dreimal pro Woche zum Tierarzt. Dabei freut sie sich über Unterstützung anderer Tierfreunde.

Die Igelhilfe treibt sie an, auch wenn es Rückschläge gibt. Manchen kann sie nicht mehr helfen, aber geschätzt 70 Prozent kann Lempka aufgepäppelt auswildern. Manche Igel überwintern gar im Garten der Wevelinghovenerin, in „Igelhausen“, einer kleinen Budenstadt im Miniaturformat, die den stacheligen Tieren Schutz bietet.

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