Gesundheit in Grevenbroich Wenn Information lebenswichtig wird

Grevenbroich · Der Leiter der Grevenbroicher Notaufnahme bittet Patienten, ihre aktuelle Medikationsliste bei sich zu tragen. Denn die enthält viele Informationen für die behandelnden Ärzte im Krankenhaus.

 Manchmal fehlen wichtige Informationen zu Medikamenten und Vorerkrankungen von Patienten: Alltag im Grevenbroicher Elisabeth-Krankenhaus.

Manchmal fehlen wichtige Informationen zu Medikamenten und Vorerkrankungen von Patienten: Alltag im Grevenbroicher Elisabeth-Krankenhaus.

Foto: Philipp Schumacher/Rhein-Kreis

Der neue Leiter der Notaufnahme im Elisabeth-Krankenhaus, Thomas Laaf, hat sich mit einer dringenden Bitte an die Bürger gewandt: „Ein gültiger Medikationsplan für einen Menschen ist vor allem in der Notaufnahme extrem wichtig.“ Eine aktuelle Version des Dokuments, das der Hausarzt ausstellt, sollte gleich neben der Versichertenkarte im Portemonnaie stecken. Laaf stellte sich mit seinem Hinweis hinter die zentrale Warnung aus dem Barmer-Arzneimittelreport 2020. Die Krankenkasse hatte in ihrer Untersuchung vor Informationsdefiziten gewarnt. Diese könnten zu Behandlungsfehlern mit lebensbedrohlichen Folgen führen.

Wie die Krankenkasse hat auch Laaf verstärkt Menschen im Blick, die mindestens fünf Medikamente pro Tag einnehmen müssen. Im Fachjargon heißen sie „Polypharmazie-Patienten“. Laut der Barmer gehörten allein im Jahr 2017 bundesweit 2,8 Millionen Personen am Tag ihrer Klinik-Aufnahme zu dieser Personengruppe.

Sie ist deshalb so kritisch, weil bei jedem Gang in ein Krankenhaus – oder aber einer Notfalleinlieferung – wichtige Informationen über diese Medikamente, über Vorerkrankungen und frühere Diagnosen verloren gehen können. Das beeinflusst die Behandlung in der Klinik unmittelbar. Auch das hat die Barmer untersucht. Demnach trugen nur 29 Prozent aller Patienten bei einer Klinikaufnahme den bundeseinheitlichen Medikationsplan bei sich. 17 Prozent der Menschen trug überhaupt keine Aufstellung ihrer Medikamente bei sich. Sie wussten nur, dass sie zwei Mal von Weißen und einmal von den roten Pillen jeweils eine einnehmen mussten.

 Leitet die Notaufnahme am „Elisabeth“: Thomas Laaf.

Leitet die Notaufnahme am „Elisabeth“: Thomas Laaf.

Foto: Rheinland Klinikum/S. Niemöhlmann

„Natürlich haben wir der Notaufnahme – in enger Zusammenarbeit mit den Notärzten – unsere festen Schemata, nach denen Patienten erst stabilisiert und dann behandelt werden“, erklärt Laaf. Zunächst gelte die Aufmerksamkeit bei einer Notaufnahme der Atmung und dem Kreislauf. Danach wende man sich neurologischen Befunden zu. „Bereits hier wäre es sehr wichtig zu wissen, welche Medikamente ein Patient einnimmt – und welche Vordiagnosen es gibt“, sagt Laaf. Denn dann könnten bestimmte Befunde besser eingeordnet werden. Zuletzt wende man sich dem gesamten Notfallpatienten zu. Auch hier könne es sehr wichtig sein, Medikation und Vorerkrankungen zu kennen.

Die Besatzungen der Rettungs- und Krankenwagen leisteten da vorbildliche Vorarbeit. „Ich muss als Krankenhausarzt aber immer um eine gute und möglichst enge Zusammenarbeit mit dem Hausarzt bemüht sein.“ Daran arbeite man im Bereich des Rheinland-Klinikums sehr intensiv.

Laaf verwies im Gespräch mit unserer Redaktion darauf, dass über eine bundesweit verfügbare, digitale Patientenakte bereits seit langer Zeit diskutiert werde. „Die Datenschutz-Aspekte darf man dabei keinesfalls ausblenden“, sagte er. Auf der anderen Seite gebe es – gerade in einem ländlichen Raum – immer weniger Hausärzte. Hier könne eine Digitalisierung der Medizin helfen, Lücken zu schließen – oder gar nicht erst entstehen zu lassen.

Der Arzneimittelreport hatte zudem kritisiert, dass die Informationsweitergabe aus den Krankenhäusern in Richtung der niedergelassenen Ärzte nicht funktioniere. Anhaltspunkte dafür liefert eine Umfrage der Barmer für den Arzneimittelreport unter 150 Hausärzten. Demnach waren 40 Prozent der befragten Allgemeinmediziner mit den Informationen durch das Krankenhaus unzufrieden oder sehr unzufrieden. So seien nur bei jedem dritten Patienten Therapieänderungen begründet worden. Wie die Routinedatenanalyse zeigt, hatten 41 Prozent der Versicherten, also fast 484.000 Personen, nach Entlassung mindestens ein neues Arzneimittel bekommen. Manche konnten nicht erklären, warum.

Der Leiter der Notaufnahme im „Elisabeth“, Thomas Laaf, empfahl allen Patienten, einen gültigen Medikationsplan und nach Möglichkeit die Berichte über zuvor gestellte Diagnosen bei sich zu tragen. „Wenn die entsprechenden Unterlagen im Zweifel zu Hause liegen oder erst umständlich gesucht werden müssen, nutzen nicht zur Information der Ärzte im Krankenhaus.“ Je umfassender ein Mediziner in einer Notaufnahme über die Vorgeschichte eines Patienten informiert sei, desto besser und schneller könne er diesen Menschen behandeln. Wenn der Datenschutz berücksichtigt werde, könnten auch digitale Hilfsmittel eingesetzt werden.

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