Grevenbroich Fred Stern erinnert an Juden in Grevenbroich

Grevenbroich · Der 92 Jahre alte Emigrant aus Grevenbroich hält die Erinnerung an die Judenverfolgung wach. Mit US-Bürgern übersetzt er seine Biografie.

Vor 76 Jahren floh er mit seinen Eltern vor der Verfolgung der Nationalsozialisten, emigrierte in die USA. Auch mit 92 Jahren lässt Fred Stern eine Mission nicht ruhen: Vorurteile zwischen Menschen abzubauen und die Erinnerung an die Verfolgung jüdischer Menschen wachzuhalten. Zurzeit übersetzt er mit Emigranten und anderen Interessierten in einer "German Class" in Newport Beach/Kalifornien seine Erinnerungen und Biographie vom Deutschen ins Englische.

Schlimmes hat Fritz Stern - den Namen Fred nahm er in den USA an - in seiner Jugend in Deutschland erlebt. Ein prägendes Ereignis war für den früheren Schüler des Progymnasiums (Vorläufer des Erasmus-Gymnasiums), als im November 1938 Synagogen in Brand gesteckt, Geschäfte verwüstet, jüdische Menschen - darunter sein Vater sowie sein Onkel - verhaftet wurden. Anfang 1939 konnte ein Teil der Familie in die USA auswandern. Seine Großeltern blieben, sie wurden später in Treblinka ermordet.

Seine Erinnerungen und seine Biografie hat Fred Stern vor neun Jahren in Englisch niedergeschrieben. Ulrich Herlitz vom Arbeitskreis Judentum des Geschichtsvereins Grevenbroich hatte sie für das 150-Jahr-Jubiläum des Erasmus-Gymnasiums ins Deutsche übersetzt. In der "German Class" im "Oasis Senior-Center", ein Senioren- und Generationenzentrum, machen sich nun ältere Amerikaner daran, diesen Text wieder ins Englische zu übersetzen - und über den Inhalt zu diskutieren. Zuvor hatte ein früherer deutscher Soldat über sein Leben berichtet, nun gab es eine ganz andere Lebensschilderung. "Die Klasse war beeindruckt von der Geschichte der Familie meiner Mutter", " erzählt Fred Stern über diese Stunden. "Jede Seite, die wir gelesen haben, führte zu Diskussionen darüber, was passiert ist. Sie alle lernten viel." Das bestätigt Rolf J. Koenker, einer der Teilnehmer - sie hätten einen guten Einblick in diese Zeit deutscher Geschichte erhalten. "Die ,German Class' ist ein eindrucksvoller Beweis für die Integrationskraft des Einwanderungslandes USA. Ehemals Deutsche, vom früheren Wehrmachtssoldaten bis zum jüdischen Emigrant, sprechen mit ehemaligen amerikanischen Soldaten über ihre Erfahrungen - auf hohem Niveau", schildert Herlitz, der einige Stunden in der "German Class" dabei war und mit Fred Stern häufiger E-Mails austauscht.

Fred Stern ist Amerikaner "durch und durch" geworden. Er baute ein Service-Geschäft für Lichttechnik auf, beriet noch mit 83 Jahren ehrenamtlich Jungunternehmer. Er fährt auch im Alter gern Fahrrad, hat im vergangenen Jahr seinen Führerschein erneuert. Nach wie vor spricht er gut Deutsch, "und er hat seine Wurzeln nicht vergessen", so Herlitz. "Er hat keine Vorbehalte gegen die heutige Generation hier."

Vor sechs Jahren besuchte Fred Stern Grevenbroich, sprach viel mit Jugendlichen in Schulen, berichtete über seine Kindheit und Jugend, über die Judenverfolgung. 2014 kam er wieder nach Deutschland - zu einer Rheinreise mit seiner Frau.

(NGZ)
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