Grevenbroich "Familien pflegen Christbaum-Traditon"

Grevenbroich · Sylvia Baliu verkauft Weihnachtsbäume; Manfred Becker-Huberti erklärt dazu die Geschichte des alten Brauchs. Dick eingepackt steht Sylvia Baliu vor ihrem Christbaumstand auf dem Marktplatz, im Hintergrund St. Peter und Paul und ihre Weihnachtsbäume. "Ich habe nur Nordmanntannen im Angebot. Fichten werden zu wenig nachgefragt", erklärt die 40-jährige Weihnachtsbaumverkäuferin.

Die schönsten Weihnachtsbaum-Arten
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Zwischen 25 und 40 Euro — je nach Größe —kosten die Bäume. "Ich bekomme sie aus dem Harz oder dem Sauerland geliefert", erklärt Baliu. Noch ist am Stand nicht viel los. Doch das werde sich bald ändern, meint sie. "Die Menschen sind traditionsverbunden und stellen die Bäume erst am Weihnachtstag auf."

Mit den Christbaum-Traditionen kennt sich der bundesweit gefragte Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti aus Langwaden bestens aus. "Im Ursprung geht der Weihnachtsbaum auf das Paradiesspiel zurück, das im Mittelalter unmittelbar vor dem weihnachtlichen Krippenspiel aufgeführt wurde", erklärt Becker-Huberti. Der grüne Paradiesbaum galt damals als Zeichen der Fruchtbarkeit in der kalten Jahreszeit. "An den Baum wurden Äpfel gehangen, aus denen sich die heutigen Christbaumkugeln entwickelten", so Becker-Huberti.

Außerdem räumt der Weihnachtsforscher mit dem Mythos auf, der Christbaum sei ein rein heidnisches Symbol: "Das stimmt nur zum Teil. Es war zwar ein heidnischer Brauch zur Wintersonnwende grüne Zweige aufzuhängen, der Paradisbaum ist aber ein christliches Symbol." Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich aus dem Paradiesbaum dann der Zuckerbaum, der im späten Mittelalter mit Süßigkeiten behangen wurde.

"Ab dem 17. Jahrhundert begann der evangelische Adel, die Bäume mit Kerzen zu bestücken", erklärt Becker-Huberti. Mit der Zeit wurde der Brauch durch Auswanderer auch in die USA und nach England exportiert. Am Niederrhein dauerte es noch etwas bis sich der Christbaum durchsetzten konnte. "Schuld hierfür war die Ablehnung der katholischen Bevölkerung, da der Christbaum als preußisch-protestantisch angesehenen Brauches", erklärt der Experte. So verspottete ein katholischer Pfarrer den Protestantismus noch 1896 als "Tannenbaum-Religion".

Zum Glück für die Verkäuferin Sylvia Baliu haben heutzutage auch die katholischen Niederrheiner die Weihnachtsbäume lieben gelernt. "Einige Paare diskutieren lange darüber, welchen Baum sie nehmen sollen. Das wird nie allein entschieden", weiß Baliu. "Genauso wie das Schmücken des Baumes immer Familiensache sein sollte", findet sie. Was auf den Baum komme sei nicht so wichtig. "Hauptsache es gefällt", sagt Baliu, "denn jede Familie pflegt ihre Christbaum-Tradition."

(NGZ/ac)
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