Grevenbroich Erziehungshilfen belasten den Stadt-Etat

Grevenbroich · Seit Jahren steigen die Kosten der Stadt für "Hilfen zur Erziehung" drastisch, immer mehr Familien brauchen Hilfe. CDU und SPD fordern mehr Prävention. Die Verwaltung arbeitet bereits daran, schafft zurzeit ein Netzwerk für frühe Hilfen.

Wenn Familien nicht allein zurecht kommen und Kinder darunter leiden, ist schnelle Hilfe dringend nötig — das Kindeswohl hat Vorrang. Doch die Kosten für die "Hilfen zur Erziehung" sind in vergangenen Jahren geradezu explodiert, belasten zunehmend den Stadtetat. Musste die Verwaltung 2009 noch 4,7 Millionen Euro ausgeben, waren es 2011 bereits 6,7 Millionen und 2012 voraussichtlich 7,2 Millionen Euro. "Diese Entwicklung nicht nur in Grevenbroich beobachten wir mit großer Sorge. Das ist ein Sprengsatz für den kommunalen Haushalt", sagt SPD-Fraktionschef Horst Gerbrand. Und CDU-Fraktionsvorsitzender Norbert Gand erklärt: "Das Kindeswohl hat immer Vorrang. Aber wir müssen uns bemühen, die Kosten zu senken."

Die Bandbreite der "Hilfen zur Erziehung" ist groß. Oft reichen ambulante Maßnahmen, etwa wenn ein Therapeut eine Familie mit Problemen begleitet. Im extremen Fall muss ein Kind aus der Familie heraus, kommt in eine Pflegefamilie oder ins Heim — die Unterbringung in Einrichtungen macht rund die Hälfte der Gesamtkosten aus.

Ein Problem: "Die Zahl der Familien, die Hilfe benötigen, steigt", erklärt Jugendfachbereichsleiterin Birgit Schikora. "Zum einen beobachten wir eine steigende Erziehungsohnmacht in Familien, zudem nimmt die Zahl von Eltern mit psychischen Erkrankungen zu. Zum anderen sind Ärzte, Hebammen und Kindergarten-Erzieher oft besser für das Thema geschult als früher, weisen uns eher auf Probleme hin", so Schikora. Zurzeit werden im Rathaus die exakten Ausgaben für 2012 ermittelt, und vielleicht gibt es einen Lichtblick: "Wir hoffen, dass wir bei einigen Positionen unter dem Haushaltsansatz bleiben. Genaues können wir noch nicht sagen", so Schikora. "Seit einiger Zeit steuern wir unsere Hilfen kleinteiliger. Das heißt, dass wir schon nach recht kurzer Zeit überprüfen, ob eine Maßnahme Wirkung zeigt, ob sie beendet werden kann, oder ob eine andere Hilfe sinnvoller ist." Der Etatansatz für 2013 liegt auf dem Niveau des Vorjahres.

CDU und SPD machen sich außerdem für mehr Prävention stark. Das Problem: "Als Nothaushalt müssen wir die Ausgaben für Hilfen zur Erziehung als Pflichtaufgabe übernehmen. Präventive, freiwillige Angebote sind für eine Nothaushaltskommune wie Grevenbroich aber nur eingeschränkt möglich", sagt Gerbrand. "Damit sind wir aber quasi zum ,Reparaturbetrieb' degradiert, der mit hohen Kosten hilft, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist." Er verspricht sich viel vom Pilotmodell "Kein Kind zurücklassen" des Landes NRW und der Bertelsmann-Stiftung, an dem bislang 18 Kommunen teilnehmen. Auch Gand hält Hilfe von außen für nötig: "Land und Bund müssen die Kommunen in die Lage versetzen, mehr Angebote für Jugendliche zu schaffen. Dazu gehören gute Sportanlagen und andere Freizeitangebote." Auch das sei Prävention.

Auch die Verwaltung setzt auf Vorbeugung. So beteiligt sich die Stadt wie Kaarst und Kreis an der Fachstelle "Frühe Hilfen": Eine Pädagogin der evangelischen Jugend- und Familienhilfe unterstützt Familien mit Problemen. Am Mittwoch war im Alten Schloss das zweite Treffen eines neuen Netzwerks, das das Bundeskinderschutzgesetz vorsieht. Stadt, Beratungsstellen, Krankenhaus, Kindergärten, Arbeitsagentur, Polizei und andere kooperieren und bündeln ihre Kräfte. Ein Projekt: Mit Unterstützung des Bundes sollen Familien-Hebammen Eltern von Neugeborenen unterstützen.

(NGZ/ac)
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