Grevenbroich Eine Herberge für ein ganzes Dorf

Grevenbroich · Früher standen dort Pferde, heute wird der alte Stall der Frimmersdorfer Familie Klein als Scheune genutzt. Aber nicht nur: Das alte Backsteingemäuer mit dem Tonziegeldach ist auch eine Art Herberge für das Dorf. Ein Besuch zwischen Hühnern und Stroh.

 Heinz-Josef Klein (r.) mit Sohn Martin (l.) und NGZ-Redakteur Wiljo Piel im mehr als 100 Jahre alten Stall des "Königshofes" an der Frankenstraße in Frimmersdorf.

Heinz-Josef Klein (r.) mit Sohn Martin (l.) und NGZ-Redakteur Wiljo Piel im mehr als 100 Jahre alten Stall des "Königshofes" an der Frankenstraße in Frimmersdorf.

Foto: D. Staniek

Der Stall spielt keine unbedeutende Rolle in der Weihnachtsgeschichte: Maria, Josef, die gescheiterte Herbergssuche, die Geburt des Jesuskindes, die Krippe und die drei Könige aus dem Morgendland - eine schöne Legende. Der Stall auf dem mehr als 100 Jahre alten Vierkanthof der Familie Klein in Frimmersdorf vereint so manches von dem, was aus dem Heiligen Land überliefert wurde. Denn hin und wieder wird er zu einer Art Herberge für die Bewohner des Dorfs - und königlicher Besuch hat sich dort ebenfalls eingestellt. Ein Kind ist in dem Gemäuer aber noch nicht geboren worden. Zumindest hat das niemand überliefert.

Heute wird das aus Backsteinen errichtete Gebäude, das zwei Weltkriege überstanden hat, als Scheune genutzt, in der so allerlei Dinge abgestellt werden. Früher, nachdem die Familie Effertz um 1910 den Hof errichten ließ, war es ein richtiger Stall, in dem Pferde standen. "Sie wurden in der Landwirtschaft eingesetzt", schildert Heinz-Josef Klein (50), der mit Frau Michaela, Tochter Lisa sowie den Söhnen Stefan, Martin und Simon auf dem Anwesen an der Frankenstraße lebt. Stroh wurde ebenso unter dem Tonziegeldach gelagert wie Hafer, der "Treibstoff" für die Ackertiere.

Seinerzeit bot der Betrieb so manchem Frimmersdorfer Lohn und Brot bei der Feldarbeit. Roggen, Weizen, Möhren und Rüben wurden angebaut. Seit dem 1960er Jahren, nachdem die zweiten Besitzer Martin-Hubert und Katharina Schmitz die Landwirtschaft an den Nagel hingen, wird der Betrieb nicht mehr bewirtschaftet. "Zu deren Zeiten gab es noch etwa 15 Höfe im Ort. Heute sind es nur noch vier", sagt Klein. Er selbst ist Diplom-Agraringenieur und arbeitet bei der Genossenschaft. Bauer ist der 50-Jährige nur aus Hobby, gemeinsam mit den Söhnen hält er 40 Hühner.

Heute ist der Vierkanthof im Dorf weithin unter dem Namen "Königshof" bekannt. Das kommt daher, weil Andreas Behr vom Jägerzug "Blattschuss" beim Schützenfest den Vogel von der Stange holte, 2011 in dem alten Gemäuer seine Königs-Residenz einrichtete und seine Gäste dort zum Feiern einlud. Und weil das so urig war, sind die Frimmersdorfer Brauchtumsfreunde auf eine Idee gekommen.

"Schon zwei Mal hat der Jägerzug ,Blattschuss' seinen ,Winterzauber' auf unserem Hof und insbesondere in der alten Scheune organisiert", schildert Heinz-Josef Klein, der das Anwesen vor Jahren geerbt hat und es gemeinsam mit seiner Familie in Schuss hält. So beherbergten die Kleins schon viele hundert Besucher aus dem Ort, um sie mit Glühwein, Musik, weihnachtlichen Dekorationen und selbstgebauten Krippen in vorfestliche Stimmung zu versetzen. Und weil das im Winter so gut gelungen ist, setzten die Frimmersdorfer im Sommer noch einen drauf: Für die "Karibische Nacht" wurden die Weihnachtsbäume gegen Palmen ausgetauscht, und statt Glühwein gab es Cocktails. Das alles förderte die Gemeinschaft im Dorf, den Zusammenhalt.

Aber nicht nur für Feierlustige ist der Stall an der Frankenstraße eine Art Herberge geworden. Auch Vereinen, die Probleme haben, ihr Material sicher unterzubringen, hat die Familie Klein schon auf ihrem Hof weitergeholfen. Im alten Backsteinstall steht aktuell der Wagen des Kinderprinzenpaares, den die Gustorfer Karnevalsgesellschaft "Närrischer Sprötz-Trupp" nach Frimmersdorf transportiert hat, und ihn dort wohlbehütet und vor allem trocken untergestellt weiß.

Der alte Stall, in dem auch schon mal die eine oder andere Fledermaus flattert und in der hin und wieder eine Eule eine kurze Zwischenstation einlegt, wird bleiben, wir er ist - daran wollen die Kleins nicht rütteln. Ihre Scheune ist ein Teil des Dorfs, das soll so bleiben.

Und die Krippe? Die gibt's nicht in dem urigen Gemäuer, in dem es so herrlich nach Stroh riecht. Die baut Heinz-Josef Klein dafür aber in der örtlichen Martinuskirche auf - jedes Jahr vor Weihnachten. Wiljo Piel

(NGZ)
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