Grevenbroich Einblicke in den Alltag

Grevenbroich · Grevenbroich Schulzeit, Job und eigene Wohnung: Die Lebensläufe von Damian Scholz aus Wevelinghoven und Resi Davids aus Vorst unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von denen ihrer Altersgenossen. Dennoch gibt es einen Unterschied. Die beiden leben mit einer geistigen Behinderung - mitten unter uns und (fast) so, wie Millionen andere junge Menschen auch. In seiner Freizeit geht Damian Scholz zum Tanzen, er hört gerne Musik und ist ein begeisterter Schwimmer. Resi Davids schwärmt für die Kunst, sie malt mit großer Leidenschaft, hat bereits mehrere Einzel- und Gruppenausstellungen bestritten.

 Eröffneten gestern die Ausstellung „Bildstörung“ im Museum Villa Erckens: (v.l.) Ingrid Lipgens (Lebenshilfe), Wolfgang Brandt (Stadtarchiv), Kreissozialdezernent Stefan Stelten, Gertrud Bremen (Mosaik-Schule) und Wilfried Moll (WfB).

Eröffneten gestern die Ausstellung „Bildstörung“ im Museum Villa Erckens: (v.l.) Ingrid Lipgens (Lebenshilfe), Wolfgang Brandt (Stadtarchiv), Kreissozialdezernent Stefan Stelten, Gertrud Bremen (Mosaik-Schule) und Wilfried Moll (WfB).

Foto: NGZ

Grevenbroich Schulzeit, Job und eigene Wohnung: Die Lebensläufe von Damian Scholz aus Wevelinghoven und Resi Davids aus Vorst unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von denen ihrer Altersgenossen. Dennoch gibt es einen Unterschied. Die beiden leben mit einer geistigen Behinderung - mitten unter uns und (fast) so, wie Millionen andere junge Menschen auch. In seiner Freizeit geht Damian Scholz zum Tanzen, er hört gerne Musik und ist ein begeisterter Schwimmer. Resi Davids schwärmt für die Kunst, sie malt mit großer Leidenschaft, hat bereits mehrere Einzel- und Gruppenausstellungen bestritten.

Zwei Lebensläufe, die seit Sonntag exemplarisch in der Villa Erckens für die Integration und Gleichberechtigung behinderter Menschen stehen. Bis dahin war es jedoch ein langer Weg, wie die ungewöhnliche Ausstellung "Bildstörung" im Museum verdeutlicht. Die Wanderschau der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen wurde bereits in 90 deutschen Städten gezeigt - in Grevenbroich präsentiert sie sich jedoch in einem völlig neuen Gewand.

"Wir haben sie stark um regionale Aspekte erweitert", erläutert Wolfgang Brandt vom "Kultur-Team" der Stadtparkinsel. Denn neben der Schau mit 30 Bild- und Texttafeln wird anschaulich auf die Arbeit heimischer Institutionen eingegangen. So präsentiert die Lebenshilfe im Rhein-Kreis Neuss ihr Wohnkonzept, die Mosaik-Schule in Hemmerden steht für das Lernen und zeigt mit Kunstwerken, wie geistig behinderte Kinder die Welt sehen. Und die benachbarte Werkstatt für behinderte Menschen (WfB) gibt einen Einblick in den Alltag ihrer rund 630 Mitarbeiter.

"Die Wanderausstellung wird meist in Werkstätten oder Banken gezeigt. Wir haben in Grevenbroich bewusst einen anderen Weg eingeschlagen", erklärt Wilfried Moll, Geschäftsführer der WfB. Mit der Villa Erckens, dem kulturellen Zentrum der Stadt, soll "Bildstörung" ins Blickfeld möglichst vieler Besucher gerückt werden. "Aus diesem Grund ist der Eintritt auch kostenlos", betont Gertrud Bremen, Konrektorin der Mosaik-Schule, in der zurzeit 145 Kinder unterrichtet werden.

Wer die Ausstellungsräume auf der ersten Etage des Museums betritt, wird durchaus Überraschungen erleben, denn: "Die Jäger und Sammler der Eiszeit ,schleppten' bei ihrem Weg durch die Steppen ihre stark körperbehinderten Angehörigen mit. Und die alten Ägypter tolerierten behinderte Menschen nicht nur, sie integrierten sie auch in ihre Gemeinschaft als Musiker, Sänger, Hofmeister oder Tierhüter", erläutert Wilfried Moll.

Diesen positiven Aspekten stehen erschreckende Negativ-Beispiele gegenüber - etwa die massenhafte Sterilisation und Ermordung von geistig behinderten Menschen unter den Nationalsozialisten. "Mir wurde beim Lesen der vielen geschichtlichen Fakten noch einmal deutlich, wie dünn das Eis ist, auf dem wir uns heute bei der Akzeptanz von behinderten Menschen bewegen", schildert Moll.

Die Eröffnung der Ausstellung war am Sonntag mit 380 Gästen außerordentlich gut besucht. Auf eine ähnliche Resonanz hoffen die Organisatoren in den nächsten Wochen. Bis zum 20. April wird "Bildstörung" durch ein umfangreiches Rahmenprogramm ergänzt. Die Band "Wesentlich" etwa plant eine integrative Musikwerkstatt für Kinder. Vorgesehen sind zudem Führungen durch die Ausstellung sowie die Hemmerdener Werkstätten. Ganz besonders sollen auch Schulklassen für den Besuch gewonnen werden.

(NGZ)
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