Kampers Mühle in Grevenbroich Ein ignorierter Klimaschützer

Kampers Mühle in Grevenbroich · Die Kampers-Mühle ist ein Stück Ur-Grevenbroich. Schon 1273 verpfändete der Graf von Kessel die Anlage inklusive Barrenstein und Sinsteden an den Kölner Erzbischof. Dies dokumentiert eine mit schwungvoller Schrift verfasste Urkunde, die heute in den Archiven des Erzbistums aufbewahrt wird. "Die Mühle ist natürlich weitaus älter, vermutlich hat sie schon 800 Jahre auf dem Buckel", meint der heutige Besitzer, Michael Kamper (51). Michael Kamper vor der schweren Turbine, dem Herzstück seiner Mühle. NGZ-Foto: M. Reuter

Die Kampers-Mühle ist ein Stück Ur-Grevenbroich. Schon 1273 verpfändete der Graf von Kessel die Anlage inklusive Barrenstein und Sinsteden an den Kölner Erzbischof. Dies dokumentiert eine mit schwungvoller Schrift verfasste Urkunde, die heute in den Archiven des Erzbistums aufbewahrt wird. "Die Mühle ist natürlich weitaus älter, vermutlich hat sie schon 800 Jahre auf dem Buckel", meint der heutige Besitzer, Michael Kamper (51). Michael Kamper vor der schweren Turbine, dem Herzstück seiner Mühle. NGZ-Foto: M. Reuter

Eines steht jedoch fest: Seit 1273 wird in der Nähe des Schlosses ununterbrochen Getreide zu Mehl verarbeitet. Kampers Familie übernahm 1873 - im Zuge der Säkularisation (Mühlen waren zuvor meist in Adels- oder Kirchenbesitz) - die geschichtsträchtige Anlage. Sie wurde von Generation zu Generation weiter vererbt. Heute beschäftigt Michael Kamper zehn Angestellte, die zwischen Standesamt und Kanzlerdenkmal Getreide zu Mehl und Schrot verarbeiten. Hauptabnehmer ist die Brotindustrie, etwa zehn Prozent der Produktion gehen an Handwerksbäckereien, ein Teil in den eigenen Mühlenladen, wo Backmischungen für Hausfrauen verkauft werden.

Worauf Michael Kamper stolz ist: Er setzt nach wie vor auf die Wasserkraft-Nutzung, so wie das seine Vorgänger schon vor mehreren hundert Jahren taten. Und damit besitzt er eine der letzten beiden Mühlen am rund 100 Kilometer langen Erftbett, die noch heute auf eigene Energie-Erzeugung setzen. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts - als Elektroherde und Fernsehapparate noch nicht erfunden waren - versorgte die Mühle mit einem eigenen Stromnetz gut 50 Haushalte im innerstädtischen Bereich.

Heute ist das nicht anders, die mächtige Turbine des Traditions-Betriebs bringt es auf rund 500.000 Kilowattstunden im Jahr, die aber nichts mehr ins eigene, sondern ins allgemeine Netz eingespeist werden. Und zwar auf die umweltfreundlichste Art überhaupt, wie der 51-Jährige behauptet, denn: "Im Klimaschutz-Vergleich rangiert die Energieerzeugung aus Wasserkraft an allererster Stelle, das belegen Untersuchungen der Firma Siemens." Nach dieser Studie liegen die Kohlendioxid-Werte, die beim Bau von Wasserkraft-Anlagen entstehen, bei einem Ausstoß von 0,004 Kilogramm pro Kilowattstunde.

Zum Vergleich: Im Bereich der so genannten regenerativen Energien bringen es Windkraftanlagen auf 0,020, Solaranlagen sogar auf 0,2 Kilogramm. Ein konventioneller 800-Megawatt-Braunkohlenblock liegt übrigens bei 1,04 Kilogramm. "Was die Emissionen betrifft, ist Wasserkraft unerreicht. Bis heute gibt es keine andere Form der Nutzenergie-Bereitstellung, die ihr beim Umwelt- und Klimaschutz das Wasser reichen könnte", erklärt Michael Kamper. Und ihn ärgert es, dass die aktuelle Umweltpolitik dies ignoriere: "Da werden Windräder mit Steuergeldern bezuschusst, obwohl ihr Bau umweltfeindlicher ist als der von Wasserkraftanlagen. Außerdem sind sie nicht hundertprozentig verfügbar - beim Wind herrschen oft Flauten, Wasser aber läuft immer."

Der 51-Jährige würde es begrüßen, wenn der von ihm favorisierte Energiegewinnung mehr Bedeutung zugemessen würde: "Das könnte mein Vertrauen in die Politik wieder festigen. Alles war jetzt Vorrang genießt, hat unterm Strich schlechtere Umweltwerte, wird aber besser bezuschusst." Es gebe noch genügend Wasserkraftanlagen an der Erft, die jedoch in den vergangenen Jahrzehnten still gelegt worden seien: "Die Technik ist zwar noch verhanden, müsste aber restauriert werden." Apropos: Ein Unternehmen mit Tradition, das noch nach alter Väter Sitte betrieben wird, braucht natürlich Pflege - und die ist nicht nur teuer, sondern mitunter auch mit richtigem Ärger verbunden. Vor drei Jahren kam es in Kampers Mühle zu einem Totalausfall der Wasserkraftanlage.

Diagnose: Das Antriebsgetriebe zwischen Turbine und Generator war völlig zerstört. Die Ursache: Bergschäden durch den Abbau von Braunkohle. "Die Reparaturen kosteten uns ein halbes Jahr. Wir haben Schadensersatzanspruch an Rheinbraun gestellt, der über zwei Jahre geprüft wurde. Letztendlich wurden uns zwei Drittel des mechanischen Schadens bezahlt und die Erstattung des Gebäudeschadens in Aussicht gestellt", so der 51-Jährige. Eigentlich könnte er damit halbwegs zufrieden sein, doch: Jetzt behaupte RWE Rheinbraun, dass der Schaden am Turbinenhaus nicht durch den Bergbau entstanden sein könnte, woran Michael Kamper erhebliche Zweifel hat.

Ein letztes Wort sei zwar noch nicht gesprochen worden - möglicherweise ist ein Kompromiss in Sicht -, dennoch erwägt der Mühlen-Chef rechtliche Schritte: Denn durch eine weitere Stilllegung der Turbine und dem damit verbundenen Ausfall der Stromerzeugung würden ihm Kosten in einer Höhe entstehen, "die durchaus existenzgefährdend sein können". Einen ebenso skeptischen Blick richtet Michael Kamper auf die Erft: Die Turbine seiner Mühle wird mit einer Wassergeschwindigkeit von fünf Kubikmetern in der Sekunde angetrieben.

"Das entspricht schon seit Jahrhunderten der natürlichen mittleren Wassertiefe des Flusses", weiß er. Eine Reduzierung der Sümpfungswasser-Einleitung von RWE Rheinbraun könnte seiner Meinung nach die Zerstörung des Wasserkraft-Potenzials an der Erft bedeuten: "Ein Abfluss unter dem natürlichen Maß wäre wirtschaftlich nicht mehr tragbar, alleine schon die Stromerzeugung würde ihre Kosten nicht mehr einspielen." Wiljo Piel

(NGZ)
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