Grevenbroich Die Fernseh-Legende

Grevenbroich · Chris Howland hat ein Stück deutsche Fernsehgeschichte geschrieben. Der 82-Jährige stellte jetzt sein Buch "Yes, Sir!" im Forum der Hans-Sachs-Schule vor. Im Gespräch mit der NGZ erinnerte er sich an seine großen Erfolge.

 Gut gelaunt an der Tafel: Fernseh-Legende Chris Howland vor seinem Auftritt in einer Klasse der Hans-Sachs-Hauptschule Orken.

Gut gelaunt an der Tafel: Fernseh-Legende Chris Howland vor seinem Auftritt in einer Klasse der Hans-Sachs-Hauptschule Orken.

Foto: A. Baum

Ja, sagt er geheimnisvoll, es gibt derzeit aktuelle Pläne für eine Karl-May-Neuverfilmung. Und ja, mit ihm sei schon über eine Rolle gesprochen worden. Und eines kann er schon jetzt verraten: "Wenn, dann werde ich keinen Butler spielen – es hat sich ausgebutlert", sagt Chris Howland (82) mit breitestem britischen Akzent. Und er schmunzelt dabei.

Den Archie, den treuen, "Five-o-clock-tea"-korrekten Diener von Lord Lindsay (Dieter Borsche), hat er sich selbst auf den Leib geschrieben, damals in den 60er Jahren, als der Winnetou-Stoff verfilmt wurde. "Wir hatten viel Spaß, genossen den Sonnenschein", erinnert sich Howland an die Dreharbeiten im früheren Jugoslawien – und er wird kurz nachdenklich: "Das war eine schöne Zeit. Keiner von uns ahnte, dass wir deutsche Filmklassiker produzieren würden."

Heute ist er selbst ein Klassiker, der Mann, der 1952 als "Schallplattenjockey" beim NWDR eingestellt wurde und als "Mr. Heinrich Pumpernickel" die Herzen der Radiohörer im Sturm eroberte. Richtig bekannt aber wurde er mit "Musik aus Studio B", einem Format, mit dem Chris Howland ein Stück deutsche Fernsehgeschichte schrieb. "Die Taxifahrer waren richtig sauer auf mich. Lief die Sendung, waren sie ohne Arbeit", erzählt er und meint lächelnd: "Ich glaube, das wurde damals Straßenfeger genannt." "Studio B" war die erste Musiksendung in der noch schwarz-weißen Fernsehwelt, sie lief von 1961 bis 1969 mit großem Erfolg. "Ich war nicht der Regisseur und habe auch nicht die Musik ausgesucht. Ich habe sie nur präsentiert und versucht, die Leute happy zu machen. Das war meine Rolle", sagt Chris Howland bescheiden.

Happy machte er nicht nur die Fernsehnation, sondern auch so manches Sternchen, das durch ihn zum Star wurde: "Viele haben bei mir ihre erste Chance bekommen, ich habe ihnen einen kleinen Schubs in die richtige Richtung gegeben", erklärt er und zählt auf: "Wencke Myhre, Mary Roos, Graham Bonney und viele andere." Und die ganz Großen der 60er Jahre gaben sich ohnehin im "Studio B" die Klinke in die Hand. Gilbert Becaud etwa oder Petula Clark und Nancy Sinatra.

Nur eine Sendung aus all den Jahren hat überlebt. "Und es ist nicht einmal die beste. Der Rest ist gelöscht worden", sagt Howland – und das macht ihn heute noch wütend – manchmal: "So lange ich nicht drüber nachdenke, geht es." Doch sprechen mag er nicht mehr über das Archivmaterial, das ein für alle mal von der Bildfläche verschwunden ist: "Der Mann, der das Löschen organisiert hat, ist gestorben. Er kann nicht mehr wehren."

Bestand hat bis heute ein Format, mit dem Chris Howland ab 1961 bundesweit für Gesprächsstoff sorgte: "Vorsicht Kamera". Legendär: die mit einem 120-Liter-Tank präparierte BMW-Isetta, die einen Tankwart fast zur Verzweiflung brachte. Die "Opfer" der Streiche mit der versteckten Kamera hätten damals 20 Mark für ihr Mitwirken bekommen, erzählt Howland: "Vorher gab's aber einen Kognak – um sie auf die kleine Gage vorzubereiten", schmunzelt er. Obwohl die Gags vergleichweise harmlos waren, wurde die Sendung nach zwei Jahren aus dem Programm genommen: "Man hatte Angst, dass wir zu bösartig sind."

Auch mit 82 Jahren ist Chris Howland noch am Ball und sucht den Kontakt zum Publikum. Auf WDR 4 moderiert er sonntags "Spielereien mit Schallplatten", er tritt hin und wieder mit seinen alten Schlagern ("Das hab' ich in Paris gelernt") auf und hat ein Buch geschrieben ("Yes, Sir!"), das er jetzt in Grevenbroich vorstellte. Klar, der Mann ist eine lebende Legende. Ob ihn das ärgert, wenn er so genannt wird? "Nein", sagt Howland: "Ich finde, das ist ein großes Kompliment. Es zeigt, dass man mich nicht vergessen hat."

(NGZ)
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