Strukturwandel im Rheinischen Revier Wer „spielt“ eigentlich mit im Strukturwandel?

Grevenbroich/Jüchen · Am Strukturwandel im Rheinischen Revier wollen viele mitwirken: ZRR, Rheinischer Sixpack, Zweckverband Tagebaufolgelandschaft Garzweiler, Anrainer-Bürgermeisterkonferenz und „Bündnis Strukturwandel gestalten“. Wie weit sind sie?

 Ein Schaufelradbagger arbeitet sich im Tagebau Garzweiler durch das Erdreich: Ab 2038 ein historisches Bild.   Foto: Federico Gambarini/dpa

Ein Schaufelradbagger arbeitet sich im Tagebau Garzweiler durch das Erdreich: Ab 2038 ein historisches Bild. Foto: Federico Gambarini/dpa

Foto: dpa/Federico Gambarini

Das „Konzert“ der Akteure, die den Strukturwandel im Rheinischen Revier jetzt gestalten wollen, ist vielstimmig. Es gibt viele Gremien mit mehr oder weniger Befugnis, mit reger und weniger reger Aktivität, mit teilweise großer Beteiligung und Mitarbeit der Stadt Jüchen, auch durch ihren Bürgermeister, mit eher verhaltener Beteiligung der Stadt Grevenbroich.

Ein Überblick: Allen voran ist die Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) vom Land NRW sozusagen als „Verteilstelle“ für die Fördermittel befugt worden. Bei der ZRR wird auch entschieden, welche Projekte gefördert werden sollen. In den der ZRR angegliederten Revierknoten arbeiten die Tagebauanrainerstädte zwar teilweise mit. Zum Ärgernis der 19 Anrainer-Bürgermeister, die sich in einer Konferenz zusammengeschlossen haben, werden ihnen bislang aber die geforderten Stimmrechte und Gesellschaftersitze verwehrt. In jeweils zwei von sieben Revierknoten bzw. Arbeitsgemeinschaften sind Grevenbroich und Jüchen vertreten. Der Jüchener Bürgermeister arbeitet dort mit, der Grevenbroicher nicht.

 Die Bürgermeister von 19 Tagebauanrainern wollen Sitze und Stimmrecht in der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) haben.

Die Bürgermeister von 19 Tagebauanrainern wollen Sitze und Stimmrecht in der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) haben.

Foto: Stadt Eschweiler/René Costantini

Auch zur weiteren Ausstattung der Revierknoten will die ZRR jetzt mindestens 20 zusätzliche feste Mitarbeiter zu ihrem Geschäftsführungsstab einstellen. Dafür will sie knapp acht Millionen Euro einsetzen, die das Land NRW an Fördermitteln zugesagt hat. Auch weitere, jetzt mit dem Strukturwandel entstandene Verbände wollen mit Förder- bzw. Steuergeldern hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigen.

Zu den aktiven Gruppierungen aktuell im Strukturwandel gehört die Anrainerkonferenz mit den Bürgermeistern aus 19 Städten im Rheinischen Revier. Die fordert seit ihrer Gründung, zu stimmberechtigten Gesellschaftern der ZRR zu werden. Schützenhilfe bei den Bestrebungen, in die ZRR aufgenommen zu werden, bekommen die Anrainer jetzt durch den SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Kämmerling, der bei der Landesregierung angemahnt hat, die Kommunen nun endlich im Prozess zur Gestaltung des Strukturwandels zu beteiligen.

In Jüchen hat der Rat bereits im Juli die Stadtverwaltung beauftragt, eine Mitgliedschaft, hilfsweise eine Beteiligung der Stadt Jüchen, in der ZRR zu beantragen. In der jüngsten Sitzung des dortigen Tagebaufolge-Ausschusses ist zudem beschlossen worden, dass die Kommunen eine Arbeitsgemeinschaft für die Verwaltung der Anrainerkommunen-Konferenz aufbauen und diese mit 5000 Euro pro Kommune und Jahr, zunächst für zwei Jahr, finanzieren. In Grevenbroich steht ein solcher Beschluss noch aus. Denn dort sind die Forderungen mit dem Positionspapier der Anrainerkonferenz erst in der jüngsten Sitzung des Planungsausschusses vom Bürgermeister zur Diskussion gestellt worden.

Mit der Antwort auf seine Kleine Anfrage an die Landesregierung ist der SPD-Abgeordnete Kämmerling übrigens sehr unzufrieden. Ihm wird unter anderem von der NRW-Landesregierung wörtlich mitgeteilt: „Um eine enge Einbindung der vom Strukturwandel unmittelbar betroffenen Kommunen zu gewährleisten, hat die Zukunftsagentur Rheinisches Revier den Kommunen über die Gremien in der Zukunftsagentur hinaus in Abstimmung mit der Landesregierung die Einrichtung einer Anrainerkonferenz angeboten.“

Kämmerling interpretiert diese Antwort so: „Die Kommunen bleiben also weiterhin außen vor.“ - (Anmerkung der Redaktion: Außerdem bezieht sich die Antwort der Landesregierung nicht auf die Fakten, dass sich die Anrainerkonferenz außerhalb und unabhängig von der ZRR bereits gebildet hat, nicht aber von der ZRR angeboten wurde.)

Kämmerling beklagt, da die ZRR bei der Projektauswahl und Mittelvergabe für Maßnahmen im Rahmen des Strukturwandels eine entscheidende Rolle spielen solle, sei diese Haltung der Landesregierung unverständlich. Er sagt: „Wir fordern, dass die Kommunen Gesellschafter der Zukunftsagentur werden und damit Stimmrechte auch im Aufsichtsrat erhalten.“ Außerdem sollten die Revierkommunen nicht nur mit 90, sondern 100 Prozent der Kosten für den Strukturwandel ersetzt bekommen, fordert er.

Ein weiteres Gremium ist das „Bündnis Strukturwandel gestalten“, in dem sich neben dem Kreis (Landrat), die IHK auch die Grevenbroicher Jüchener Bürgermeister zu Beginn des Jahres zusammengeschlossen haben. Zumindest in der Öffentlichkeit ist seither aber nichts mehr über dessen mögliche Aktivitäten bekannt gemacht worden. Es sollten sich in diesem Bündnis Arbeitsgruppen bilden, die thematisch den Revierknoten der ZRR sehr nahe kommen.

Der Rheinische Sixpack ist ebenfalls eine Gruppierung im Strukturwandel, aus der nach der Gründung nur noch selten Arbeitsergebnisse an die Öffentlichkeit gelangt sind. Zuletzt hatte es vom Rheinischen Sixpack, zu dem Grevenbroich und Jüchen gehören, im Mai geheißen, man wolle einen Hauptamtler einstellen. Im Januar war der Sixpack angetreten, ein kommunales Konzept im Strukturwandel vorzulegen und dazu bereits angekündigt, dazu würden „personelle und finanzielle Ressourcen benötigt.“

Der Zweckverband Tagebaufolge Garzweiler, zu dem Jüchen, Grevenbroich allerdings nicht gehört, will jetzt zwei Projektmanager einstellen. Dieser Zweckverband beschäftigt bereits einen hauptamtlichen Geschäftsführer. Allerdings kann dieser Verband, zumindest was aus seiner Öffentlichkeitsarbeit abzulesen ist, über Aktivitäten und Ergebnisse berichten. Dazu gehören die begonnene Umsetzung des „Drehbuches“ für die Tagebaufolgelandschaft mit dem „Grünen Band“, das künftig den ganzen Tagebaurand mit einer Art von Freitzeitparklandschaft umgeben soll. Außerdem hat der Verband seine Offensive für ein Radwegenetz angekündigt.

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