Grevenbroich Der Großvater des kleinen Nick

Grevenbroich · Dass die Geschichten vom kleinen Nick in Deutschland zum Klassiker geworden sind, liegt auch an Hans Georg Lenzen. Der Wahl-Neukirchener übersetzte die Bücher seit den 60er Jahren.

 Wenn Hans Georg Lenzen heute nochmal ein Buch vom kleinen Nick aus dem Französischen ins Deutsche übersetzen müsste,es fiele ihm nicht schwer: „Das ist, wie wenn man sich eine alte Jacke anzieht.“

Wenn Hans Georg Lenzen heute nochmal ein Buch vom kleinen Nick aus dem Französischen ins Deutsche übersetzen müsste,es fiele ihm nicht schwer: „Das ist, wie wenn man sich eine alte Jacke anzieht.“

Foto: Hans Jazyk

Den kecken Ton der Geschichten von Asterix-Autor Goscinny trifft Lenzen auch heute noch. Eigentlich wollte Hans Georg Lenzen Maler werden. Deshalb schrieb er sich 1946 auf der Kunstakademie ein.

Doch wenn der 90-jährige Wahl-Neukirchener heute auf seine Karriere zurückblickt, kann er weit mehr als eine Berufsbezeichnung für sich in Anspruch nehmen: Zeichner, Illustrator, Übersetzer, Hochschul-Dozent und Autor mehrerer Kinderbuch-Klassiker. Er erfand in den 60er Jahren die gereimten Geschichten des "Onkel Tobi" und übersetzte den "Kleinen Nick" von Asterix-Autor René Goscinny aus dem Französischen ins Deutsche.

Das alles hat er scheinbar mühelos erreicht. "Ich hatte viel Glück", sagt er. Lenzen ist jemand, dem solche Dinge zufällig passieren, die andere Menschen sich erarbeiten. So lernte er den Direktor der Düsseldorfer Werkkunstschule in der Straßenbahn kennen. Der bot ihm 1952 nach einigen gemeinsamen Fahrten eine Anstellung als Dozent für Grafik und Illustration an.

Nebenbei arbeitete Lenzen als freier Grafiker für Zeitungen, wo er Kontakte zu Verlagen knüpfte. Über den Bertelsmann-Verlag gelangte er an den "kleinen Nick", dessen kecken Ton er auch im Deutschen perfekt traf. Dank seiner Übersetzung wurden die Geschichten in Deutschland zum Klassiker.

Französisch hatte er in der Schule gelernt — mehr qualifizierte ihn für diesen Job zunächst nicht. Ebenso übersetzte er Kinderbücher aus dem Englischen — in diesem Bereich hatte er seine Sprachkenntnisse zumindest durch ein Jahr USA-Aufenthalt perfektioniert — sowie aus dem Niederländischen, was er überhaupt nie gelernt hatte.

Der Dialekt in seiner Heimatstadt Moers klang einfach ähnlich wie das Niederländische. Nur das Alter und die beginnende Parkinsonsche Krankheit bremsen den alten Herrn inzwischen ein wenig. Vor allem das Zeichnen und Malen klappt nicht mehr so wie früher. An Ideen aber mangelt es Lenzen nicht. "Hier und da fällt mir etwas ein. und dann schreibe ich es auf", sagt er.

Ein "Sammelsurium" solcher Texte hat er in diesem Jahr in Form eines Bändchens herausgegeben. Keine Frage also, dass er zur Stelle war, als 2005 in Paris hundert verschollen geglaubte Geschichten des kleinen Nick wieder auftauchten. Die Tochter des Autors Goscinny fand die bislang nur in Zeitungen veröffentlichten Stücke bei einem Umzug.

Ein deutscher Journalist hatte davon erfahren, meldete sich bei Lenzen und informierte den Diogenes-Verlag. Die erste Reaktion des Verlags-Mitarbeiters: "Lebt der noch?" Nach einigen Probetexten war jedoch auch der Verlag überzeugt, dass Lenzen noch immer der richtige sei.

"Er ist nicht der jüngste, aber bestimmt der schnellste Übersetzer", so die Lektorin. In die Sprache des kleinen Nick fand er sich auch nach 40 Jahren schnell wieder ein: "Das war ein Gefühl, als wenn man sich eine alte Jacke anzöge."

(NGZ)
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