Grevenbroich Bücherei wird Lernort für Flüchtlinge

Grevenbroich · Die Stadtbücherei Grevenbroich hat gestern den Neubestand "Deutsch als Fremdsprache" eröffnet. Die Bücherei soll ein Ort der Gemeinschaft werden und Flüchtlingen einen niedrigschwelligen Zugang zur Bildung ermöglichen.

Fatima hat die Flucht in eine Chance verwandelt. Sie hat eine gefährliche Reise gewagt, um zu überleben. Von Syrien über die Türkei nach Deutschland rettete sie sich - und kann sich mittlerweile auf Türkisch, Englisch und Deutsch verständigen. "Zuerst habe ich über Youtube-Videos gelernt, dann sind Lernbücher immer wichtiger geworden", sagt Fatima Al-Sayed Ali (20). Seit gerade einmal zwei Jahren ist die junge Frau nun in Grevenbroich, doch das Sprachlevel "C1" hat sie in Deutsch bereits erreicht. Doch Fatima will mehr.

"Für die Universität", sagt sie, "muss ich noch eine Prüfung bestehen." Und darauf möchte sie sich vorbereiten. Seit gestern findet sie zum Lernen auch in der Stadtbücherei beste Voraussetzungen vor: "Deutsch als Fremdsprache" heißt der Neubestand, den Elke Wowra vom städtischen Fachbereich Bildung, Freizeit und Kultur mit den Sponsoren vorgestellt hat.

350 Bücher sind in den Regalen zu finden. Aufgestellt zwischen deutsch-arabischen Flyern, finden Flüchtlinge dort die Lern- und Lehrbücher, die das Bundesamt für Migration empfiehlt. "Berliner Platz" und "Deutsch im Alltag" sind darunter. Für Petra Thoennessen-Brings und Gülcan Özcan, die sich bei der Berufshilfe für die Sprachförderung und Lebenspraxis der Flüchtlinge einsetzen, ist das neue Angebot ein Fortschritt im Bezug auf die Integration. "Vor allem die verschiedenen Wörterbücher im Bestand sind klasse", sagte Gülcan Özcan. "Die sind in der Anschaffung meist sehr teuer." Fünfmal pro Woche unterrichtet Özcan Gruppen von Flüchtlingen, die noch keinen Platz im Integrationskursus sicher haben. Die Stadtbücherei Grevenbroich soll zum Lernort, aber auch zum Ort der Zusammenkunft werden. Das jedenfalls erhofft sich das Team um Elke Wowra. "Alle Bevölkerungsschichten, alle Menschen sind hier willkommen", sagte Elke Wowra. In der Bücherei finden Besucher insgesamt 45.000 Medien. Das Angebot dort kann jeder kostenlos nutzen. Auch Pässe für kostenloses W-Lan gibt es. Um Medien auch gebührenfrei ausleihen zu können, benötigen Flüchtlinge ohne Job lediglich einen Personalausweis. So solle der Zugang zur Bildung möglichst niedrigschwellig sein.

Das Grevenbroicher Unternehmen "Humintech GmbH" hat mit ihrer Spende dazu beigetragen, dass die Stadtbücherei den Neubestand einrichten und die geeigneten Medien bestellen konnte. "Als Bücherei können wir so etwas nur mit Förderern und Unterstützern leisten", sagte Wowra und dankte den Geschäftsführern. Über die Wirtschaftsförderung sei der Kontakt entstanden. Die Firmenvertreter sehen dieses Engagement als Ehrensache. Immerhin sei auch "Humintech" ein multi-kulturelles Unternehmen, erklärte Aydogan Cengiz. Mitarbeiter aus neun Herkunftsländern und ein weltweiter Export machten die Firma aus. "Für uns ist die Spende erst der Anfang", sagte Cengiz. Die damit verbundene Botschaft an die Flüchtlinge sei noch wichtiger: "Wenn man sich Mühe gibt, kann man in Deutschland etwas erreichen."

Cengiz freut sich, dass neben Männern auch viele Frauen zur Eröffnung des Neubestands gekommen waren. So hatte Fatima Al-Sayed Ali als Übersetzerin geholfen, um vor allem eine Botschaft auch an die anderen Flüchtlinge zu geben: dass die Bücherei als Lernort und Treffpunkt ihre Chance sein kann - für eine Zukunft in Deutschland.

(ball)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort