Grevenbroicher Bürgermeister zur Diskussion um die Braunkohle Krützen macht sich Sorgen um Region

Grvenbroich · Grevenbroicher Bürgermeister verfasst Stellungnahme zur aktuellen Diskussion um die Braunkohle.

Er sei dafür, dass Deutschland bei der Energiewende eine Vorreiterrolle einnimmt. „Aber dafür benötigen wir die gebotene Zeit“, sagt Bürgermeister Klaus Krützen. Ein kurzfristiger Ausstieg aus der Braunkohleverstromung sei mit erschreckenden Veränderungen für die Stadt verbunden: 1000 gut bezahlte Arbeitsplätze seien direkt betroffen, 3000 weitere, die indirekt mit der Arbeit in den Kraftwerken und Tagebauen zu tun haben. Auch Großbetriebe wie Hydro mit mehr als 2000 Beschäftigten seien an geringen Stromkosten interessiert. Und die Konzernleitung schaue sehr genau darauf, wie sich die Strompreise in Deutschland entwickeln, warnt  Krützen.

 Klaus Krützen: Die Region steht vor entscheidenden Umbrüchen.

Klaus Krützen: Die Region steht vor entscheidenden Umbrüchen.

Foto: Berns Lothar

In einer sechs Seiten umfassenden Stellungnahme hat der Grevenbroicher Verwaltungschef jetzt seine Position zur aktuellen Diskussion um die Braunkohle deutlich gemacht. Er frage sich, ob überhaupt noch Sachgründe bei den Protesten um den Hambacher Forst eine Rolle spielen würden, oder „ob es durch eine ideologische Überhöhung des Symbols ,Hambi’ nur noch darum geht, der Braunkohle voreilig den Garaus zu machen“. Krützens Schlussfolgerung: „Hier wird perfide mit der Zukunft der Menschen einer ganzen Region gespielt – ohne die Fakten zur Energiewende zur Kenntnis zu nehmen und ignorierend, dass der Verzicht auf die Kohlegewinnung in keiner Weise dazu beitragen wird, das Weltklima nachhaltig zu verändern.“ Immerhin seien weltweit zurzeit 1400 Kohlekraftwerke in Planung.

Die Kehrtwende, mit der die 2016 von SPD und Grünen getroffene Leitentscheidung zur Braunkohleverstromung negiert werde, sei atemberaubend, so der Bürgermeister. Vor diesem Hintergrund stelle er sich die Frage zur Verlässlichkeit. „Diejenigen, für die wir Politik machen, haben meines Erachtens ein Recht darauf, dass das, was gesagt, auch so umgesetzt wird“, berichtet Klaus Krützen. Doch: „Die Kollegen, die jetzt massiv um ihre Arbeitsplätze fürchten, bestätigen mir dies in Gesprächen immer wieder: ,Wenn man sich auf die Aussagen der Politik verlässt, ist man verlassen.“

Mit „Unglauben“ schaue er auf die Berliner Politik, „die sich in den letzten Wochen auffällig ruhig verhält, wenn es um den ,Hambi’ geht“. Dabei stehe viel mehr auf dem Spiel als die Restfläche eines Waldes, der schon zu 90 Prozent gerodet sei.

„Es geht um nicht weniger als die Glaubwürdigkeit einer ganzen Industrienation – mit einer Wirtschaft, die uns 2008 durch eben diese Struktur durch die Finanzkrise getragen hat“, stellt Krützen seine Position klar. „Nur der industrielle Kern der Bundesrepublik hat damals verhindert, solche Implosionen wie zum Beispiel Großbritannien mit der durch Margaret Thatcher eingeleiteten Deindustrialisierung in den 1980er Jahren zu erleben.“

Was er fordere, sei Verlässlichkeit und Zeit für den Strukturwandel, sagt Krützen. „Die Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben, leben hier und fahren nach einem Waldspaziergang im Hambacher Forst eben nicht in ihren SUVs  zu sich nach Hause in Dörfer und Städte, wo man nicht vor einschneidenden vor einschneidenden Umbrüchen einer ganzen Region steht.“

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