Grevenbroich "BoA plus" für Niederaußem
Grevenbroich · RWE Power gab gestern erste Details für den Nachfolger der Neurather BoA 2/3 bekannt: In Niederaußem plant der Konzern die "BoA plus". Das 1,5 Milliarden Euro teure Projekt soll voraussichtlich 2017/18 ans Netz gehen
Mit der BoA 2/3 geht Anfang 2012 in Neurath das modernste Braunkohlekraftwerk der Welt an den Start. Diesen Titel wird die Anlage spätestens 2017/18 verlieren. Bis dahin will RWE Power in Niederaußem das Nachfolgemodell realisieren: die "BoA plus". Die Vorteile des 1100-Megawatt-Blocks: "Dank innovativer Kraftwerkstechnik wird die Anlage flexibler, effizienter und umweltfreundlicher werden", sagt Johannes Lambertz.
Der Vorstandsvorsitzende der RWE Power war gestern bei der Bezirksregierung Köln und hat dort eine Änderung des Regionalplans angeregt. Damit hat sich der Konzern eine Option für den Kraftwerksbau gesichert. Sobald rechtssichere Genehmigungen vorliegen, soll die finale Entscheidung für das 1,5 Milliarden Euro schwere Projekt getroffen werden.
Wie Lambertz erläutert, soll die "BoA plus" über einen bisher bei Braunkohlekraftwerken unerreichten Wirkungsgrad von 45 Prozent verfügen — immerhin zwei Prozent mehr als bei BoA 2/3. Hauptsächlich soll dieser Wert durch das von RWE entwickelte Wirbelschicht-Trocknungsverfahren erreicht werden. Eine weitere Neuerung: das Zwei-Kessel-Konzept, bei dem zwei kleinere Dampferzeuger (je 550 Megawatt) die Turbine antreiben. "Dadurch lässt sich die Anlage flexibler fahren. Sie kann die besonders bei Sonnen- und Windeinspeisung auftretenden Schwankungen im Stromnetz auffangen und unterstützt damit den Ausbau der erneuerbaren Energien", so Lambertz.
Ebenfalls neu: Ein lediglich 100 Meter hoher Hybrid-Kühlturm (BoA 2/3: 172 Meter) soll tagsüber weitestgehend die Bildung sichtbarer Schwaden vermeiden. Damit würde weniger Schatten auf die umliegenden Wohngebiete fallen. Ohnehin würde der Dampf in Niederaußem in absehbarer Zeit abnehmen: Mit der Inbetriebnahme von "BoA plus" will RWE vier ältere 300-Megawatt-Blöcke endgültig stilllegen. "Damit sinkt der Einsatz von Kohle bei gleicher Stromproduktion um jährlich drei Millionen Tonnen", meint Lambertz.
Kritisiert wird das Projekt vom Bund für Umwelt und Naturschutz. "Das ist Energieerzeugungs-Technologie von vorgestern", urteilt Geschäftsführer Dirk Jansen. Die geplante Anlage sei seiner Meinung nach "kein Beitrag zum Klimaschutz und passt nicht in ein zukunftsfähiges Energiesystem". Auch aus Grevenbroich gibt es kritische Stimmen zu den Planungen: "Die ,BoA plus' wäre ganz sicher auch eine gute Option für die Zukunft des Standorts Frimmersdorf gewesen", meint SPD-Stadtverbandschef Daniel Rinkert. Bisher äußert sich RWE nicht zu den Plänen für das Alt-Kraftwerk.