Grevenbroich Behinderte feiern ihr Werkstatt-Jubiläum

Grevenbroich · Seit 1965 haben Menschen mit Handicap die Möglichkeit, bei der Werkstatt für Behinderte am Arbeitsleben teilzuhaben. Gestern vor 50 Jahren wurde die erste Schreinerei eröffnet. Das feierten 830 Mitarbeiter jetzt bei einem großen Festakt.

 Die Sportart "Drums Alive" stand zum Jubiläum der WfB Hemmerden gestern am Sportzentrum ebenfalls auf dem Plan. Seit genau 50 Jahren bietet die Werkstatt der Lebenshilfe für Behinderte eine Teilhabe am Arbeitsleben.

Die Sportart "Drums Alive" stand zum Jubiläum der WfB Hemmerden gestern am Sportzentrum ebenfalls auf dem Plan. Seit genau 50 Jahren bietet die Werkstatt der Lebenshilfe für Behinderte eine Teilhabe am Arbeitsleben.

Foto: lothar berns

Mit anderen Menschen in Kontakt stehen, einen geregelten Tagesablauf haben und etwas sinnvolles tun: Das ist es, was Menschen wie Renate Mertens antreibt. Menschen wie Renate Mertens, die eine Behinderung haben - und trotz Einschränkungen am Arbeitsleben teilnehmen. Die 63-Jährige ist eine der wenigen Mitarbeiter in der Werkstatt für Behinderte (WfB) Hemmerden, die von der ersten Stunde an mit dabei sind. Sprich seit genau 50 Jahren.

Das Jubiläum feierten neben Renate Mertens jetzt rund 670 weitere Menschen mit geistigen Behinderungen gemeinsam mit den 160 Angestellten der fünf WfB-Betriebsstätten im Rhein-Kreis. "Wir haben uns überlegt, das Jubiläum mit einem großen Spiel- und Sportfest zu feiern, bei dem alle Beschäftigten zusammenkommen", sagt Geschäftsführer Wilfried Moll.

So standen an der Hemmerdener Sportanlage zum Beispiel Bogenschießen, Klettern, Boccia oder die außergewöhnliche Sportart "Drums Alive" auf dem Plan. Was es damit auf sich hat? "Es geht darum, auf großen Bällen rhythmisch zu trommeln - und sich dabei entsprechend zu bewegen", erläutert die ehemalige WfB-Sportlehrerin Elisabeth Jarvers aus Osttirol in Österreich, die mit Abstand die längste Anreise hatte. "Aber ich möchte der Werkstatt auch weiterhin treu bleiben", sagt sie.

Das Trommeln, das von außen erst einmal ziemlich gewöhnungsbedürftig aussieht, kam jedoch bei den Teilnehmern sehr gut an - genauso wie andere anspruchsvolle Sportarten. "Auch wenn hier in erster Linie der olympische Gedanke zählt, sind wir immer wieder erstaunt, welche Leistungen die Menschen mit Behinderungen erbringen und wie ernst sie die Herausforderungen nehmen", berichtet Michael Berns, der eigentlich Systemadministrator ist, gestern aber den Weitsprung betreute. Ähnliches zeichne sich auch im WfB-Alltag ab. "So monoton die Arbeit auch sein mag - die meisten Menschen sind mit Ehrgeiz bei der Sache und versuchen sich immer wieder zu verbessern", sagt Berns.

Inzwischen ist die Werkstatt mit ihren fünf Betriebsstätten im Raum Grevenbroich so groß wie nie zuvor. "Angefangen hat am 12. Juni 1965 alles mit einer siebenköpfigen Gruppe, die eine kleine Schreinerei betrieb. Damals noch in Form einer sogenannten Anlernwerkstatt in Alt-Otzenrath, die von Josef Koenen und Rudolf Obholzer ins Leben gerufen wurde", erzählt Geschäftsführer Wilfried Moll.

In der heutigen WfB Hemmerden sieht der Betrieb deutlich professioneller aus. "Wir stellen Industrieteile etwa in einer Schreinerei oder in einer Metallverarbeitung her", sagt der Geschäftsführer. Oberstes Ziel sei es, den Behinderten die Teilhabe am normalen Arbeitsleben zu ermöglichen. Honoriert werden die einfachen Tätigkeiten mit durchschnittlich 150 Euro pro Monat. "Doch für unsere Mitarbeiter ist es oft mehr als nur ein Arbeitsplatz", sagt Wilfried Moll.

Am Sportfest der WfB nahmen gestern auch Menschen aus dem "heilpädagogischen Arbeitsbereich" teil, in dem Schwerst-Mehrfachbehinderte zum Beispiel einfache Verpackungsarbeiten verrichten. "Uns ist es wichtig, dass niemand ausgegrenzt wird", sagt Ausbilder Dieter Herten, der das Event im Vorfeld mitorganisiert hatte.

(cka)
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