Wild-West-Eisenbahnromantik Bahnwelt zwischen Pool und Partyraum

Wild-West-Eisenbahnromantik · Leise schnaubend schiebt sich die schwarze Dampflok der Bahngesellschaft Colorado & Southern mit ihren gelben Personenwaggons über die Brücke über den Teich mit Koi. Wartet da hinten am nächsten Busch eine Bande, bereit zum Überfall? Nein, wohlbehalten erreicht der Zug das Städtchen Canyon City, um am Wasserturm die Vorräte zu erneuern.

Wild-West-Eisenbahnromantik in Barrenstein - Herr über das US-Bahnunternehmen mit immerhin 80 bis 100 Metern Gleisen ist Norbert Schönaich. Im Beruf bewegt er bei RWE Power einen 32 Tonnen schweren Teleskopkran, in seiner Freizeit hat er sich einen Traum mit deutlich kleineren Fahrzeugen erfüllt. Seine Gartenbahn in der Spurweite G im Maßstab 1 : 22,5 dreht zwischen Fischteich, Blumen und einem Pool entlang von Modellhäuschen ihre Kreise. "Den Schienen macht das nichts, im Freien zu liegen." Eine Nebenstrecke in den Partyraum begeistert sicher besonders Freunde und Bekannte: Mit ihren Waggons stoppt die Lok bei Feiern auf einem Gleis direkt an der Theke, um vollbeladen mit acht bis zwölf Altbier-Gläsern wieder nach draußen zu fahren. Alte Zeiten werden wieder lebendig, als der Schienenstrang im 19. Jahrhundert den amerikanischen Westen eroberte.

Schönaich hat sogar eine Goldmine nachgebaut, in der hemdsärmelige Arbeiter kleine Loren schieben und der Abraum in die Güterwaggons unter der Mine geladen wird. "Leider habe ich noch kein Gold gefunden", sagt der 46-Jährige lächelnd. Ganz preiswert ist sein Hobby nicht. "Eine gute Lok kostet rund 1 000 Euro", erklärt er. "Ich bin ein Amerika-Fan. Mein Bruder ist vor 15 Jahren in die USA ausgewandert, und deshalb bin ich dort oft zu Besuch", begründet er seine Vorliebe für amerikanische Bahnen. Schon früh hat ihn das Eisenbahn-Fieber gepackt - allerdings sammelte er zunächst im Maßstab 1 : 160, die Spur N. "Als mein Sohn klein war, schenkten wir ihm eine LGB-Startpackung, dazu kamen einige Gleise." Es kam, wie es kommen musste: Der "Papa" kaufte sich eine eigene Lok - und blieb bis heute beim Hobby mit der LGB-Bahn.

"Damit hat alles angefangen", sagt Norbert Schönaich und zeigt auf eine kleine orange-farbige Diesellok, die auf einem Wandbord steht. "Mein Sohn hat damals bitterlich geweint, als ich die Lok ,gesupert', so lackiert habe, dass sie etwas rostig aussieht", erinnert er sich. Aus bescheidenen Anfängen wurde eine stattliche Sammlung von Schmalspur-Modellen. Besonders stolz ist der Eisenbahn-Freak auf einen Güterzug-Begleitwagen "Caboose" der Gesellschaft White Pass. "Um den zu bekommen, bin ich in den USA 8 000 Kilometer gefahren." Natürlich zählt auch die passende, im Original 1 200 PS starke Diesellok zum Fuhrpark, außerdem Vieh- und Holzwaggons, Flachwagen und ein niedlicher Wismarer Schienenbus, der in den 30er Jahren deutsche Nebenstrecken befuhr. Eine Uhr mit Dampflok-Motiv, Blechschilder mit Zügen und ein Schild "Deutsche Reichsbahn" vervollständigen die Sammlung.

Die Theke im Partyraum zeigt eine liebevoll gestaltete Miniatur-Häuserzeile einer amerikanischen Kleinstadt vergangener Jahre, auch ein Saloon fehlt nicht. "Bis auf die Fenster ist alles selbst gebastelt." In der Werkstatt entsteht bereits Neues: eine amerikanische Drehscheibe, wie sie in Florida inmitten eines Kreisverkehrs rekonstruiert wurde. Sechs Wochen mussten allerdings die Arbeiten an der Freiluft-Bahn ruhen, "da ich einen Arm in Gips hatte". Der Sammler und Bastler wurde in Neuss geboren und zog in den 70er Jahren mit seinen Eltern nach Barrenstein, fühlt sich im Ort wohl, hat dort geheiratet. Dorothea und Norbert Schönaich haben eine 16 Jahre alte Tochter und einen 19 Jahre alten Sohn. Norbert Schönaich geht noch einem anderen ungewöhnlichen Hobby nach: In einem Zimmer des Hauses hat er sich ein komplettes Privat-Kino eingerichtet. (cs)

(NGZ)
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