Grevenbroich Awo-Skandal: Prozess geplatzt

Grevenbroich · Das Berufungsverfahren gegen den früheren Geschäftsführer des Awo-Kreisverbandes Grevenbroich fällt aus. Der Angeklagte ist wohl endgültig verhandlungsunfähig. Er könne einem Prozess nicht mehr folgen, heißt es.

 Der Angeklagte B. (rechts) mit seinem Anwalt Heribert Waider. Das Berufungsverfahren gegen den ehemaligen Awo-Geschäftsführer fällt aus. Angeblich kann er einem Prozess nicht mehr folgen.

Der Angeklagte B. (rechts) mit seinem Anwalt Heribert Waider. Das Berufungsverfahren gegen den ehemaligen Awo-Geschäftsführer fällt aus. Angeblich kann er einem Prozess nicht mehr folgen.

Foto: M. Pesch

Der Skandal um die Arbeiterwohlfahrt im Rhein-Kreis bleibt ungesühnt: Der Prozess gegen den früheren Geschäftsführer B. aus Grevenbroich scheint endgültig zu platzen, der inzwischen 62-Jährige gilt nach wie vor als schwer krank. Ein entsprechendes Gutachten soll in den nächsten Tagen vorliegen, alle Beteiligten gehen davon aus, dass dem Ex-Awo-Chef nicht mehr der Prozess gemacht werden kann.

In einem monatelangen Verfahren hatte das Amtsgericht Mönchengladbach im Jahr 2007 den früheren Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die Richter waren damals davon überzeugt, dass der Grevenbroicher mindestens gut 400 000 Euro beiseitegeschafft hatte. Die Awo war dadurch in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten. Ein Seniorenheim musste vom Rhein-Kreis übernommen werden, zwei Kindergärten wurden von der Stadt gerettet.

"Gerade stehen" muss B. nun für diese mutmaßlichen Verfehlungen nicht mehr. Der 62-Jährige hatte nämlich gegen das Urteil aus erster Instanz Berufung eingelegt, darüber sollte im Januar 2010 verhandelt werden. "Schon zu diesem Zeitpunkt war der Prozess gegen ihn aufgrund seines Gesundheitszustandes geplatzt", sagt sein Anwalt Heribert Waider: "Es gibt auch in der Zwischenzeit keine Anzeichen für eine plötzliche Gesundung." Heißt im Klartext: Der 62-jährige Ex-Geschäftsführer ist aus Sicht seines Rechtsanwaltes nach wie vor verhandlungsunfähig, mit einer Verbesserung seines Zustands ist nicht zu rechnen.

B. lebt bereits seit mehr als einem Jahr nicht mehr zu Hause, sondern ist nach Angaben der Justiz in einem Seniorenheim untergebracht. Die Staatsanwaltschaft hatte sich 2010 nicht damit abfinden wollen, dass das Berufungs-Verfahren gegen B. aufgrund seiner Erkrankung ohne Verurteilung platzt. "Anfangs gab es nur ein Kurz-Gutachten eines Amtsarztes. Das hat uns nicht ausgereicht", sagt Oberstaatsanwalt Peter Aldenhoff. Man warte nun auf das Gutachten des mit dem Fall beauftragten Sachverständigen Dr. Martin Platzek. "Dieses Gutachten wird hier in einigen Tagen vorliegen", so Joachim Banke, Sprecher des Landgerichts Mönchengladbach. Offiziell hat Banke noch keine Informationen zum Inhalt des Gutachtens, nach Informationen der NGZ allerdings wird B. von Expertenseite attestiert, so schwer krank zu sein, dass er einem Prozess nicht mehr folgen könnte.

"Sollte das so sein, müsste das Verfahren eingestellt werden", so Joachim Banke. Die mutmaßliche Untreue gegenüber seinem früheren Arbeitgeber bliebe damit ungesühnt — die Awo müsste den Verlust von mehr als 400 000 Euro endgültig abschreiben.

(NGZ)
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