Michael Karutz "Ausdehnung der City ist Träumerei"

Grevenbroich · Im Juni nimmt Michael Karutz seine Arbeit als Innenstadtmanager auf. Im NGZ-Interview erklärt er, wie die Innenstadt attraktiver gestaltet und fit für die Zukunft gemacht werden soll - und weist Kritik am Einzelhandelsstandortkonzept zurück.

 Michael Karutz ist Projektleiter bei der Beratungsfirma Cima. Als deren Vertreter übernimmt er den Posten des Innenstadtmanagers in Grevenbroich.

Michael Karutz ist Projektleiter bei der Beratungsfirma Cima. Als deren Vertreter übernimmt er den Posten des Innenstadtmanagers in Grevenbroich.

Foto: LB

Als neuer Innenstadtmanager werden Sie bei der Umsetzung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) im Juni Ihre Tätigkeit aufnehmen. Welche Ziele haben Sie sich vorgenommen?

Michael Karutz In der ersten Phase wird es zunächst darum gehen, ein Netzwerk aufzubauen und den Bestand der Innenstadt zu erfassen. Dazu gehören auch eine Kaufkraftanalyse und Qualitätsbewertungen. Ich werde zudem das Gespräch mit Händlern, Immobilieneigentümern, Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing, Werbering und den Bürgern suchen, um gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, wie die Innenstadt als starker Wirtschaftsstandort langfristig gesichert werden kann. Das ist unser Ziel.

Immer wieder regt sich Kritik am Einzelhandelsstandortkonzept, das Sie als Projektleiter der Beratungsfirma Cima maßgeblich mitentwickelt haben. Muss das Konzept noch einmal überdacht werden?

Karutz Ich verstehe, dass jemand, der außerhalb des Innenstadtbereichs gewerbliche Ziele verfolgt, Kritik an dem Konzept übt. Allerdings sehe ich mich als Anwalt der Innenstadt und kämpfe für das Einzelhandelsstandortkonzept. Sollte es kippen, würde ich meinen Hut nehmen und den Job als Innenstadtmanager quittieren. Das Einzelhandelsstandortkonzept ist von zentraler Bedeutung für den Erfolg und die Zukunft der Innenstadt.

Viele Bürger hadern, dass sich die City zunehmend zur Bäckerei- und Optikermeile entwickelt. Auch deshalb gibt es Kritik am Einzelhandelsstandortkonzept.

Karutz Ich habe die Grevenbroicher stets als kritisch und konstruktiv erlebt - und schätze das. Aber das Einzelhandelsstandortkonzept hat maßgeblich dafür gesorgt, dass Grevenbroich im Vergleich zu anderen Innenstadtlagen in Städten von ähnlicher Größe und Struktur gut da steht. Der Besatz ist hier in den vergangenen zehn Jahren trotz Wirtschafts- und Finanzkrise weitgehend stabil geblieben. Und die gute Zentralitätskennziffer zeigt, dass Kaufkraft in die Stadt geholt wird und Händler in der Grevenbroicher Innenstadt durchaus noch Geld verdienen können - und das in für den Einzelhandel allgemein schwierigen Zeiten.

Zu Ihren Aufgaben als Innenstadtmanager zählt, die City zukunftsfest zu machen. Was schwebt Ihnen vor?

Karutz Generell stehen die Innenstädte vor einem Wandel - und auf den muss man vorbereitet sein. Eine Herausforderung ist der Onlinehandel. Es gibt düstere Prognosen, nach denen in den kommenden zehn bis 20 Jahren bis zu 70 Prozent des inhabergeführten Einzelhandels aus den Innenstädten verschwinden. Dem muss man sich stellen - zum Beispiel durch Stärkung des Standorts, geschicktes Marketing und ein klares und deutliches Profil. Als Innenstadtmanager möchte ich helfen, dass wir gemeinsam Wege dazu entwickeln. Es gibt drei wichtige Fundamente: Mittelstandsorientierung, eine solide Breite des Angebots und die Stadt als Marke. Grevenbroich ist eine Wohnstadt mit Parkcharakter - und als solche sollte sie sich auch selbstbewusst vermarkten.

Das ISEK umfasst mit dem Bahnhofsquartier sowie dem Montz-Viertel weit mehr als nur die reine Innenstadt. Es gibt - je nach Bereich - sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen an das ISEK.

Karutz Deshalb werden Quartiersprofile erstellt. Mir schweben auch gesonderte Eigentümergesprächsrunden für den Bereich Kölner Straße und Montanushof, Breite Straße sowie das Bahnhofsviertel vor. Zu letzterem werden Stellwerksquartier und Montz-Viertel zählen. Man muss aber realistisch bleiben: Eine Ausdehnung der Innenstadt ist politische Träumerei. Leerstehende Ladenlokale können ja nicht nur vom Einzelhandel genutzt werden, sondern auch von Dienstleistern, als Büros oder als Wohnraum. Auch Rückbau darf kein Tabu sein.

ANDREAS BUCHBAUER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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