Spiritueller Zwischenruf Ostern zwischen Freude und Leid

Grevenbroich · Pater Bruno Robeck gehört zum Zisterzienserorden und ist Prior im Kloster Langwaden. In seiner Kolumne schreibt er in dieser Folge über das Osterfest, das an diesem Wochenende begangen wird. Die Frage dabei ist: Ist Freude über das Fest in diesen Zeiten erlaubt?

 Prior Bruno Robeck lebt im Kloster Langwaden.

Prior Bruno Robeck lebt im Kloster Langwaden.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Ich freue mich über die Sonne und das schöne Wetter. Ich freue mich über das Musikstück, das ich gehört habe. Ich freue mich über den Telefonanruf, den ich bekommen habe. Ich freue mich, weil es keinen Feiertagsstress gibt. Es ist Ostern. Und ich freue mich.

Aber darf ich mich jetzt überhaupt freuen? Wäre es nicht viel angemessener, wenn ich jetzt verhalten bedächtig in meinem Zimmer sitzen würde, weil die Not in dieser globalen Quarantänezeit so groß ist. Wieviele Menschen bangen um ihren Arbeitsplatz und müssen die krisenbedingten Kürzungen verkraften? Wie viele Menschen geraten aus dem inneren Gleichgewicht, weil sie nicht wissen, wie sie ihr Leben auf Dauer in ihrer kleinen Mietwohnung gestalten sollen? Wieviele Menschen leiden unter dem Coronavirus oder trauern um die, die von ihm besiegt worden sind? Und wieviel anderes großes Leid gibt es auf der gesamten Welt? Darf ich mich da freuen?

Für mich ist klar: Wenn ich mich erst nach der Überwindung allen Leids auf der Welt freuen dürfte, würde mir jegliche Freude im Leben versagt sein. Denn Leid gibt es immer. Trotzdem freue ich mich. Ich freue mich nicht über das Leid und ich lache die Not nicht weg. Ich merke jedoch diese Freude in mir. Und ich brauche diese Freude, um zu leben. Von Trauer kann ich nicht leben; von Freude hingegen schon.

Freude und Ostern hängen zusammen. Ostern ist immer, wenn ich mich freue. Wenn mich nach der Traurigkeit Freude neu belebt, ist das eine Ostererfahrung. Wenn Freude mir neue Lebensenergie schenkt, die ich vorher nicht hatte, ist das eine Ostererfahrung. Wo Trauer, Schwachheit und Schmerz verschwinden, wird uns neues Leben geschenkt – wie zu Ostern. Diese Erfahrung sollte ich doch dankbar annehmen – auch und gerade, wenn ich derzeit viel Leid und Not um mich herum erlebe. Wenn ich diese geschenkte Freude in mich einlasse, kann mir neue Kraft zuwachsen. In dieser Kraft kann ich mich dem Leiden stellen und dem Leidenden helfen. Die Freude, aus der ich lebe, kann so zum Hoffnungszeichen für die Anderen werden.

Das Leid ist als unbestrittene Tatsache in der Welt – und manchmal ist es sehr nahe – und trotzdem blitzen Momente der Freude auf, weil sie stärker ist. Ostern sagt uns genau dies: Das Leben ist stärker als der Tod und die Liebe ist unbesiegbar. Darum freue ich mich und merke, wie mir Kraft zuströmt für das eigene Leben, aber auch um für diejenigen dazusein, denen diese Ostererfahrung fehlt. Ich wünsche Ihnen diese Erfahrung der Freude in diesen Ostertagen des Pandemiejahres 2020.

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