Grevenbroich Alter Knast wird abgerissen

Grevenbroich · Vor mehr als 100 Jahren bauten die Grevenbroicher an der Montanusstraße ein Gefängnis. Für den alten Knast läuft nun die Zeit ab: In 2012 wird das Gebäude abgerissen. Ein modernes Wohnhaus ist an seiner Stelle geplant.

 Joachim Onkelbach und Christel Rheydt-Onkelbach haben das alte Gefängnis gekauft. Im Keller sind noch die Zeichnungen der "Knackis" zu sehen.

Joachim Onkelbach und Christel Rheydt-Onkelbach haben das alte Gefängnis gekauft. Im Keller sind noch die Zeichnungen der "Knackis" zu sehen.

Foto: H. Jazyk

"Hier habe ich gesessen und gedacht, wie hat mich der Teufel in die Hölle gebracht?" Irgendjemand hat diesen Stoßseufzer irgendwann einmal auf die ehemals weiß getünchte Wand seiner Zelle gekritzelt. Es ist nicht der einzige Spruch, der in dem alten Gefängnis an der Montanusstraße bis heute erhalten geblieben ist.

Die Wände hinter den schweren Holztüren sind mit Schüttelreimen und Zeichnungen übersät. Und natürlich ist dort auch der Knast-Klassiker schlechthin zu finden: die Fünfer-Kästchen — vier Längsstriche, einer quer —, der Knacki-Countdown.

Nun sind auch die Tage des Gefängnisses gezählt. Im nächsten Frühjahr soll das mehr als 100 Jahre alte Gebäude abgerissen werden. Neue Eigentümer sind der Architekt Joachim Onkelbach und seine Frau, die Unternehmerin Christel-Onkelbach-Rheydt, die auf dem Grundstück ein modernes Haus mit Eigentumswohnungen und Büros errichten wollen.

"Das alte Gebäude ist vor allem Innen in einem schlechten Zustand, eine Sanierung wäre sehr aufwendig. Außerdem ist der Zuschnitt für Wohnungen nicht mehr zeitgemäß", begründet Joachim Onkelbach den geplanten Abbruch.

Das Gefängnis, das um 1900 eröffnet wurde, gehörte zum Amtsgericht — und es versprühte seinerzeit alles andere als Gemütlichkeit. Die Zellen waren gerade einmal sechs Quadratmeter groß; am Kopfende befand sich ein zweigeteiltes Fensterchen mit Gittern. Noch schlimmer: Die zwei jeweils drei Quadratmeter kleinen Räume der Beugehaft machten ihrem Namen alle Ehre. Denn der Abstand zwischen Fußboden und Decke maß knapp 1,70 Meter. Ein ausgewachsener Mann konnte dort nicht einmal aufrecht stehen.

Es waren nicht die ganz großen Halunken, sondern eher die "kleinen Fische", die an der Montanusstraße für einige Monate ins Gewahrsam genommen wurden. Etwa 20 Gefangene gehörten zur ständigen Belegschaft des Zuchthauses, das 1946 geschlossen und später zu einem Wohnhaus umgebaut wurde. Es war demnach wohl einer der letzten Insassen, der seine "Absitz-Zeit" bis heute gut lesbar in die Wand einer kleinen Zelle ritzte: "21. 6. 46 — 28. VI. 46".

Mit dem Abrissbagger, der 2012 anrücken wird, schlägt für das alte Gefängnis die letzte Stunde. "Wir werden an seiner Stelle ein sehr modernes Haus errichten, das sich deutlich von der Umgebung abheben wird. Es soll etwas Einzigartiges werden", erklärt Christel Onkelbach-Rheydt.

Einige Teile des alten Gefängnisses sollen in das neue Gebäude integriert werden — etwa die aus Liedberger Sandstein gefertigte Abdeckung, die das Haus von der Montanusstraße abgrenzt.

Ob die Sprüche und Zeichnungen an den Wänden irgendwie für die Nachwelt erhalten werden können, steht noch nicht fest. Prosaische Erkenntnisse und späte Einsichten, wie diese in "Original" wiedergegebene Schrift, hätten es aber allemal verdient: "Es gibt ein schöner Schpruch auf Erden, man mus beteuten besser werden."

(NGZ/rl)
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