Grevenbroich Alter Friedhof wurde zum Park

Grevenbroich · Wevelinghoven "Wem Gott will die rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt." Das ist auf dem Grabstein des 1931 verstorbenen Richard Aretz zu lesen. Und der Spruch trifft zu. Denn den Wevelinghovener zog es seinerzeit in der Tat hinaus in die weite Welt.

 Foto: M. Reuter

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Wevelinghoven "Wem Gott will die rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt." Das ist auf dem Grabstein des 1931 verstorbenen Richard Aretz zu lesen. Und der Spruch trifft zu. Denn den Wevelinghovener zog es seinerzeit in der Tat hinaus in die weite Welt.

Genauer: nach Buenos Aires, Argentinien. Dort machte Aretz Karriere, er gründete seine eigene Rindfleischfabrik. Der Industrielle verdiente gut, ihm ging es prächtig - dennoch vergaß er in den 20er Jahren seine von der Inflation gebeutelten Landsleute nicht. Richard Aretz schickte regelmäßig Geld und Rinderfett in die Heimat, um die Armen zu speisen. Dafür ernannten ihn die dankbaren Wevelinghovener später zum Ehrenbürger, dem bis heute einzigen der alten Gartenstadt.

Richard Aretz' letzte Ruhestätte liegt auf dem evangelischen Friedhof an der Zehntstraße. Seit Anfang der 90er Jahre wird dort niemand mehr begraben, die gut 150 Jahre alte Anlage wurde von der Stadtverwaltung geschlossen. Und vergessen. Die Natur ergriff Besitz vom Gottesacker, viele der Grabstätten wurden im Verlauf der vergangenen Jahre von Efeu, Unkraut und anderen Gehölzen überwuchert. Der Friedhof war zuletzt in einem "gottserbärmlichen" Zustand.

Das wurmte einige Mitglieder der evangelischen Gemeinde, sie schritten zur Selbsthilfe: Rudi Gehlen, Gregor Diekers, Walter Niehaus sowie Hans-Hermann und Wolfgang Kottmann legten selbst Hand an und brachten das gut 4000 Quadratmeter große Gelände wieder in Schuss.

"Dafür wurde es wirklich Zeit", meint Walter Niehaus: "Viele Grabsteine waren bereits umgekippt, überall wucherte Unkraut - der Friedhof war richtig verwahrlost." Die Gemeindemitglieder holten Spaten, Schuffeln und anderes Gerät aus ihren Schuppen und begaben sich in ihrer Freizeit ans Werk: Unkraut wurde gejätet, Sträucher beigeschnitten oder ganz ausgegraben.

"Wir haben alleine zehn Anhängerladungen mit Grünzeug weggefahren", schildert Rudi Gehlen die Ausmaße der mehrwöchigen Aktion. Retour kamen übrigens etwa 50 Ladungen mit Muttererde, die von den aktiven Wevelinghovenern auf der gesamten Fläche verteilt wurden.

Heute stellt sich der alte evangelische Friedhof in einem propperen Zustand dar: Die Gräber hinterlassen einen gepflegten Eindruck, die Wege sind sauber und einige Steine, die keiner Grabstätte mehr zuzuordnen waren, wurden in die Friedhofsmauer integriert. "Hierbei wurden wir auch von mittelständischen Unternehmen unterstützt, denen wir sehr dankbar sind", meint Wolfgang Kottmann.

Pfarrer Hans-Hermann Moll ist begeistert von dem Engagement seiner Gemeindemitglieder: "Das Werk ist gut geworden - der Friedhof ist jetzt in einem parkähnlichen Zustand." Die Stadt hat die regelmäßige Pflege der Anlage zugesagt - "darauf werden wir natürlich achten", meint Hans-Hermann Kottmann.

Ein Gang über den alten Friedhof ist übrigens so etwas wie ein Blättern im "Who is who" der Gartenstadt. Hier fanden die Kottmanns, die Gehlens, die Floerens und die Diekers ihre letzte Ruhestätte - allesamt uralte Wevelinghovener Namen von Familien, die den Ort nachhaltig prägten.

Über vielen Grabstätten spannt sich die Krone einer mächtigen Blutbuche, die ihresgleichen im Stadtgebiet sucht. Wie alt der Baum ist, weiß niemand so recht. Heimatfreund Helmut Coenen vermutet, dass sie zur Übergabe des Friedhofs gepflanzt wurde: "Damit wäre sie heute um die 150 Jahre alt und selbst ein Denkmal."

(NGZ)
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