Grevenbroich Altenheim "Lindenhof" nach Feuer unbewohnbar

Grevenbroich · Ein Dachstuhlbrand im Seniorenhaus "Lindenhof" führte gestern Morgen zum größten Feuerwehr- und Rettungsdiensteinsatz in Grevenbroich seit Jahren. Das Haus mit 87 Senioren musste komplett evakuiert werden.

Feuer in Altenheim Lindenhof in Grevenbroich
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Grevenbroich: Brand in Altenheim

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Foto: Staniek

Barbara Nieskens pflegte gestern Morgen gerade einen Bewohner, als im "Lindenhof" die Lautsprecherdurchsage ertönte, dass das Seniorenzentrum geräumt werden musste. Die Pflegedienstleiterin lief mit einem Kollegen nach oben, öffnete im Dachgeschoss vom Treppenhaus aus eine Tür. "Dahinter war alles verraucht, wir haben die Tür schnell wieder zugemacht", schildert die 49-Jährige. Auf dieser Etage wohnten zum Glück keine Senioren.

Draußen rückte ein Feuerwehrfahrzeug nach dem anderen an. Ein Brandmelder hatte um 7.53 Uhr Alarm geschlagen, weithin war in der Innenstadt Rauch zu sehen. "Als die ersten Kräfte eintrafen, haben wir sofort nachalarmiert. Für die Menschenrettung und parallel die Brandbekämpfung ist ein massives Aufgebot nötig", erklärt Einsatzleiter und Feuerwehrchef Udo Lennartz. Sämtliche Löschzüge im Stadtgebiet wurden alarmiert, weitere Kräfte der Feuerwehren Jüchen, Neuss und Dormagen sowie der Werkfeuerwehr Alu Norf angefordert - ebenso der große Einsatzleitwagen des Kreises Mettmann.

Reihenweise rückten darüber hinaus Rettungswagen aus dem Kreisgebiet, dem benachbarten Rhein-Erft-Kreis und aus Düsseldorf an. Insgesamt waren rund 160 Kräfte mit 88 Fahrzeugen im Einsatz.

 Etliche Helfer waren bei und nach der Evakuierung im Einsatz.

Etliche Helfer waren bei und nach der Evakuierung im Einsatz.

Foto: L. Berns

Im "Lindenhof" wurde rasch eine Etage nach der anderen evakuiert - viele Senioren waren noch im Nachthemd oder Schlafanzug. Etliche Bewohner brauchen Hilfe, da sie auf den Rollstuhl angewiesen oder bettlägerig sind. Mehrere wurden auf Tragen oder mit Spezial-Stühlen durchs Treppenhaus nach draußen gebracht. "Manche waren still, andere natürlich aufgeregt", berichtete Nieskens. Nicht nur Altenheim-Personal, Feuerwehrleute und Sanitäter begleiteten die Senioren ins Freie. Spontan kamen Nachbarn und Mitarbeiter der Kreisverwaltung herüber, packten mit an. "Die Hilfsbereitschaft war insgesamt riesig", erklärte Heimleiterin Barbara Kremers-Gerads. "Ruhig und professionell" sei die Evakuierung erfolgt, lobte Udo Lennartz.

Pflegedienstleiterin Barbara Nieskens war erleichtert, als die Senioren im Garten des Hauses waren. "Alle sind draußen - alles andere kann man regeln", sagte sie. Verwandte wurden informiert, "wir haben die Angehörigen von fast allen Bewohnern erreicht", betonte Kreissprecher Harald Vieten. Der Kreis hat für Angehörige eine Hotline unter der Rufnummer 02181 6016000 geschaltet.

Wenige Meter neben dem "Lindenhof" wurde in der Turnhalle des Erasmus-Gymnasiums der Sportunterricht unterbrochen, das Gebäude wurde als Sammelstelle genutzt. Auf Matratzen oder in Decken gehüllt, warteten die Evakuierten dort auf die weitere Verlegung. "Wichtig ist in einer solchen Situation die persönliche Ansprache, dass jemand bei ihnen ist", so Nieskens.

 In der Turnhalle des Erasmus-Gymnasiums wurden die Bewohner in den ersten Stunden betreut - unter anderem von Notärzten.

In der Turnhalle des Erasmus-Gymnasiums wurden die Bewohner in den ersten Stunden betreut - unter anderem von Notärzten.

Foto: L. Berns

Lindenhof-Mitarbeiter Notfallseelsorger, Notärzte und andere kümmerten sich um die alten Menschen. Angehörige kamen hinzu. Auch Schüler halfen, teilten Getränke aus, trösteten. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und Bürgermeisterin Ursula Kwasny waren ebenfalls vor Ort. Die Turnhalle war aber lediglich Zwischenstation. Mit Bus und Rettungswagen wurden die Lindenhof-Bewohner später in andere Häuser gebracht. "Die Seniorenzentren Lindencarré, St. Martinus, St. Barbara, Albert-Schweitzer-Haus, St. Bernardus sowie in Jüchen Carpe Diem und Haus Maria Frieden haben Plätze für uns bereitgestellt", erläutert Kreisdirektor Dirk Brügge bei einer Pressekonferenz.

Aus der Luft sind die Schäden am Dachstuhl deutlich zu erkennen. Noch steht nicht fest, wann das Haus wieder genutzt werden kann.

Aus der Luft sind die Schäden am Dachstuhl deutlich zu erkennen. Noch steht nicht fest, wann das Haus wieder genutzt werden kann.

Foto: Berns

Im Krankenhaus wurde eine leerstehende Station mit 21 Betten für die Senioren umfunktioniert. "Wir achten darauf, dass Bewohner zusammen in ein Haus kommen, die sich kennen", so Kremers-Gerads. Auch die Lindenhof-Mitarbeiter sollen zur Betreuung auf die Standorte verteilt werden.

Parallel zur Verlegung lief die Brandbekämpfung weiter. Immer wieder musste die Feuerwehr Glutnester löschen, von mehreren Hubsteigern und Drehleitern aus wurde das Feuer im Dachstuhl gelöscht. "Wir haben einen Kran angefordert, um die auf dem Dachboden gelagerten Materialien herauszuholen", erläutert Einsatzleiter Udo Lennartz. Nach dem Einsatz blieb eine Brandwache noch weiter vor Ort.

Die Polizei hat Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen. Wie groß der Schaden - etwa durch Feuer und Rauch - ist und wann das Haus wieder bewohnbar ist, steht noch nicht fest. Löschwasser drang vom Dachstuhl in die Etagen darunter. "Wir hoffen, dass wir zumindest die unteren Etagen bald wieder nutzen können", sagte Petrauschke.

Nach dem Brand meldete sich Werner Schell vom "Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk" in Neuss zu Wort: "Auch wenn im Lindenhof, soweit bekannt, alles gut ausgegangen ist, sollte erneut nachgedacht werden, ob allgemein weitere Schutzmaßnahmen geboten sind." Das Netzwerk habe mehrfach auf Brandschutzerfordernisse in Pflegeeinrichtungen aufmerksam gemacht: "Es wurde stets geäußert, dass alle erforderlichen Maßnahmen getroffen worden seien."

(NGZ)
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