Grevenbroich Als Neurath zum Braunkohle-Ort wurde

Grevenbroich · Der Geschichtsforscher Peter Zenker hat sich mit den alten Häusern des Dorfs beschäftigt. Er erinnert an die ersten Siedlungs-Gebäude, die 1910 errichtet wurden und die dem Ort bis heute ein besonderes Gesicht verleihen.

 Ein wenig erinnert das Gebäude zwischen der Gürather- und Viktoriastraße an das berühmte "Flatiron"-Hochhaus in New York. Es zählt zu den Häusern, die ab 1910 mit dem fortschreitenden Braunkohleabbau errichtet wurden.

Ein wenig erinnert das Gebäude zwischen der Gürather- und Viktoriastraße an das berühmte "Flatiron"-Hochhaus in New York. Es zählt zu den Häusern, die ab 1910 mit dem fortschreitenden Braunkohleabbau errichtet wurden.

Foto: Peter Zenker

Seine Seite im Internet ist wie ein kleines Geschichtsbuch, das vor allem auf das Interesse der Neurather stoßen dürfte. Denn Peter Zenker arbeitet auf der Website die Historie des Dorfes im Süden der Stadt auf. Dort hat der heute 75-Jährige seine Jugendzeit verbracht, zwischen Tagebau und Brikettfabrik.

Das hat ihn geprägt, auch beruflich: Zenker studierte Bergbau und promovierte in diesem Fach. Heute lebt er in Siegburg, genießt seinen Ruhestand und recherchiert in der Vergangenheit eines Ortes, der ihm nicht aus dem Kopf gehen will. In seinen aktuellen Forschungen hat sich der Geschichtsfreund mit den Häusern seiner alten Heimat beschäftigt. Und zwar speziell mit denen, die das einst landwirtschaftlich geprägte Dorf in einen Industriestandort verwandelten.

"Vor 107 Jahren kam es in Neurath zum Strukturwandel", schildert Zenker: "Der Bergbau wurde im großen Stil betrieben, viele Menschen wurden angeworben, die im nahegelegenen Tagebau und in der Brikettfabrik einen Arbeitsplatz fanden." Der Run auf die Braunkohle hatte Folgen: Schon bald wurde der Wohnraum knapp, es musste neuer geschaffen werden. "Eine echte Herausforderung", sagt Zenker.

Die nahm das Bergbauunternehmen selbst an. Die sogenannte "Gewerkschaft Neurath" gründete die "Gemeinnützige Baugesellschaft zur Errichtung von Arbeiterhäusern", die ab 1910 die ersten 35 Siedlungshäuser im Dorf errichtete. "Das waren keine uniformen Häuser, sondern teilweise architektonisch hochinteressante Bauwerke, die dem Ort auch heute noch ein besonderes Gesicht verleihen", betont Peter Zenker. Beispielsweise nennt er das markante Gebäude zwischen der Gürather- und der Viktoriastraße, das entfernt an das berühmte "Flatiron"-Hochhaus in New York erinnert. Oder die alte Direktoren-Villa, die ein wenig respekteinflößend an der Glück-auf-Straße liegt.

Die sogenannte "Gewerkschaftssiedlung" war das Pilotprojekt für den weiteren Wohnungsbau, der nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte. Im Zuge des Wiederaufbaus erlebte der Neurather Bergbau seine Boom-Jahre - und es herrschte erneut Wohnungsnot. "In dieser angespannten Situation taten sich 1949 mutige Menschen zusammen, gründeten eine Siedleraufbaugemeinschaft und errichteten mit eigenen Händen die so genannte ,Neue Siedlung'", erklärt Zenker.

Dahinter steckte harte Arbeit: Jeder der Siedler musste für sein Eigenheim bis zu 3000 Arbeitsstunden ableisten, das machte etwa 25 Prozent der gesamten Baufinanzierung aus. "Errichtet wurden 14 Häuser mit Einliegerwohnungen, die Raum für 28 Familien boten, aber mit 100 Quadratmetern recht klein waren. Es gab nur eine Toilette, ein Bad fehlte völlig", berichtet Zenker. Dafür waren aber die Grundstücke mit 980 Quadratmetern recht groß - reichlich Platz für Nutzgärten und Kleintier-Ställe. Der Grundstückspreis betrug damals eine Mark pro Quadratmeter.

Auf seiner Website lädt Peter Zenker jetzt zu einem interessanten Spaziergang durch die Neurather Historie ein. Das Ergebnis seiner Recherchen hat er mit zahlreichen Fotos illustriert sowie mit alten Grundrissen und Plänen, auf die er im Stadt- und Kreisarchiv stieß. Die Adresse: www.peter-zenker.de.

(NGZ)
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