Serie Denkmäler In Korschenbroich Als in Liedberg noch Eisblumen wuchsen

Grevenbroich · Eine Heizung und ein Badezimmer gab es früher nicht in dem Fachwerkhaus an der Mühlengasse 2. Gebadet wurde im Schuppen.

 Idyllisch ist es an der Mühlengasse in Liedberg

Idyllisch ist es an der Mühlengasse in Liedberg

Foto: Lothar Berns

Liedberg Kalt pfeift der Wind an diesem grauen Dezembermorgen durch Liedberg, doch in dem historischen Fachwerkhaus von Heinz-Peter und Kathi Baumeister ist es behaglich warm. Das war nicht immer so. Der Hausherr kann sich noch gut an kalte Wintertage erinnern, an denen morgens Eisblumen die Fensterscheiben verzierten. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei das gewesen, als seine Großeltern, seine Eltern und sein Bruder zusammen in dem Fachwerkhaus an der Mühlengasse 2 in Liedberg wohnten. Und dann schildert er das Leben in dem Fachwerkhaus, als es weder eine Heizung gab noch ein Badezimmer: "Die Badewanne stand im Schuppen gegenüber. Der Schuppen wiederum war Hühnerstall, Werkstatt, Waschküche und Badezimmer zugleich."

Gebadet wurde damals nur einmal in der Woche - am Badetag. Und der war meistens samstags. Das heiße Wasser, das seine Eltern in die Zinkwanne füllten, musste für die gesamte Familie reichen. Hatten alle Familienmitglieder darin gebadet, kippten sie das Wasser einfach aus. "Das lief dann den Berg hinunter. Die ganze Straße konnte sehen, wann bei uns Badetag war." Beheizt wurde damals nur die Küche. "Im Wohnzimmer machten wir nur sonntags den Ofen an, oder wenn Besuch kam." Damit die Kinder nicht froren, legten die Eltern ihnen mit Sand gefüllte Tonflaschen ins Bett, die sie zuvor im Ofen vorgeheizt hatten.

Eine andere Geschichte kennt er nur vom Hörensagen: Dass in der Küche Schnaps gebrannt wurde. Dabei sei auch mal etwas explodiert. Spuren an der Küchendecke zeugen noch davon. Längst gibt es in dem Fachwerkhaus ein Badezimmer und eine Heizung. "Wir haben 1978 alles komplett umgebaut", sagt Kathi Baumeister. Dabei sind sie auch auf einen Balken mit der Inschrift "22. Mai 1748" gestoßen. Die Lage des Balkens ist ungewöhnlich: innen über den Fenstern. Normalerweise wurden Balken mit Jahreszahlen gut sichtbar über der Eingangstür verbaut. So bleibt in diesem Fall offen, ob das Haus tatsächlich im Jahr 1748 errichtet, oder ob der Balken ein zweites Mal verwendet wurde. Nur so viel steht fest: "Das Fachwerkhaus stammt tatsächlich aus dem 18. Jahrhundert", sagt Heinz-Peter Baumeister. Der aus Steinen gemauerte Anbau wurde vermutlich im 19. Jahrhundert hinzugefügt. 1929 erwarb sein Großvater das Haus. "2.800 Goldmark hat er dafür bezahlt", erzählt Baumeister, während er in dem originalen Kaufvertrag blättert. An seine Kindheit in Liedberg erinnert er sich gerne: "Wir haben im Wald gespielt oder Fußball auf dem Marktplatz. Dabei ging auch mal eine Scheibe zu Bruch."

(NGZ)
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