Grevenbroich Als in Grevenbroich der Hexenwahn ausbrach

Grevenbroich · Im Museum drehte sich beim Vortrag des Archivars Thomas Becker alles um den Aberglauben, der auch Hülchrath in seinen Bann zog.

 Auch in Hülchrath soll es im 16. und 17. Jahrhundert Scheiterhaufen gegeben haben, auf denen Hexen verbrannt wurden.

Auch in Hülchrath soll es im 16. und 17. Jahrhundert Scheiterhaufen gegeben haben, auf denen Hexen verbrannt wurden.

Foto: cka, repro: Ausstellung Schloss Moers

"Wer in Hülchrath geht über die Brück', der kehrt selten oder nie zurück" - dieser Spruch steht symbolisch für die Hexenverfolgung in Grevenbroich und insbesondere in Hülchrath. Einer, der sich mit Tatsachen und Mythen der Hexenverfolgung und der Hexenprozesse gut auskennt, ist der Bonner Universitäts-Archivar Thomas Becker. Er referierte jetzt bei der Ausstellung "Himmelwärts" in der Villa Erckens, in der es um Glaubensfragen am Niederrhein geht. "Dazu gehört natürlich auch der Aberglaube", sagt Thomas Wolff vom städtischen Kulturteam.

Rund 50 Besucher verfolgten den Vortrag des Uni-Archivars, bei dem der Ort Hülchrath eine zentrale Rolle spielte. "Grevenbroich gehörte zu den Schwerpunkten der Zaubereiverfolgung zu Beginn des 16. Jahrhunderts", berichtet Thomas Becker. Es gebe nur wenige Quellen, die dies belegen können, jedoch existierten noch vereinzelt Rechnungen von Henkern, die damals Hinrichtungen ausführten.

Grevenbroich: Als in Grevenbroich der Hexenwahn ausbrach
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Der Ort Hülchrath war auch im 17. Jahrhundert ein Ausdehnungspunkt in Sachen Hexenprozesse. "Das ist für die Region außergewöhnlich", betont der 56-Jährige, der sich seit rund 25 Jahren mit der Thematik auseinandersetzt. So konnte er zum Beispiel herausfinden, dass allein zwischen 1629 und 1635 in dem kleinen Dorf 15 Menschen hingerichtet worden sind, die im Verdacht standen, sich mit dem Teufel verschworen zu haben. "Man ging davon aus, dass sie die Schöpfung Gottes verderben wollen und sich ganz bewusst von Gott abgekehrt haben", erklärt Thomas Becker. Dies sei damals ein schweres Verbrechen und ebenso gefürchtet gewesen wie die Zauberei.

Den Menschen, die sich "mit dem Teufel verschworen" hatten, wurde auch in Hülchrath der Prozess gemacht. "Im August 1629 griff der Hexenkommissar Anton Fabens in die Prozesse von Hülchrath ein und beschleunigte sie", erklärt Thomas Becker. Diese Kommissare, die teilweise nicht einmal ausgebildete Juristen gewesen seien, wurden vom Kurfürstentum Köln in die einzelnen Orte geschickt. "Die Prozesse funktionierten nur dann, wenn die Dorfgemeinschaft die Anklage der jeweils beschuldigten Person akzeptierte", erzählt Becker.

Er ging in seinem Vortrag auch auf einige Legenden ein. Zum Beispiel auf die der sogenannten Wasserprobe. "Oft ist davon die Rede, dass die vermeintlichen Hexen gefesselt ins Wasser geworfen wurden. Die Legende sagt: Wenn sie sich über Wasser halten konnten, waren sie schuldig, wenn sie untergingen und ertranken, waren sie unschuldig. Das stimmt so nicht", erklärt Becker. Ziel sei es nicht gewesen, unschuldige Menschen zu töten. "Die Henker waren in den meisten Fällen in der Lage, sie schnell aus dem Wasser zu ziehen und zu retten."

Aus Sicht des Experten ist auch die Hexenverbrennung bei lebendigem Leib ein Mythos. "Die Beschuldigten wurden meist vorher gehängt, ehe sie verbrannt wurden. Was es jedoch tatsächlich gegeben hat, war die Folter. Dabei wurden die Beschuldigten auch dazu gedrängt, Namen ihrer Mitverschworenen preizugeben", erzählt Becker. Etwa drei Viertel der Opfer seien Frauen gewesen. Ab 1635 sind übrigens keine Prozesse mehr nachzuweisen.

(NGZ)
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