Karneval Narren-Urgestein geht in den Ruhestand

Goch. · 40 Jahre lang war der inzwischen 80-jährige Walter Hermsen aktives Mitglied im Festkomitee Gocher Karneval. Seine Aktivitäten reichen vom Sänger beim Kolping-Sextett bis zum Wagenbau für Rosenmontag.

 Walter Hermsen hängt seine RZK-Garderobe an den Haken und geht in den karnevalistischen Ruhestand.

Walter Hermsen hängt seine RZK-Garderobe an den Haken und geht in den karnevalistischen Ruhestand.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Im Wohnzimmer von Helga und Walter Hermsen sitzen RZK-Chef Frank Bömler, Hans Günter Vierkotten, Vertreter der 1. GGK, und Heinz Arntz, Geschäftsführer des Festkomitees Gocher Karneval (RZK). Es sieht fast nach einem Arbeitsgespräch aus, doch es geht um etwas anderes: Walter Hermsen begeht in dieser Session sein 40-jähriges Jubiläum als aktives Mitglied im RZK, gleichzeitig geht er in den karnevalistischen Ruhestand. „Das sehen wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt der RZK-Vorsitzende Frank Bömler. 40 Jahre habe Walter Hermsen den Gocher Karneval tatkräftig unterstützt, dies werde natürlich fehlen. Andererseits sei der Wunsch des Jubilars, der auch seinen 80. Geburtstag in diesem Jahr feiern konnte, verständlich.

Als Walter Hermsen beginnt zu berichten, wie er eigentlich zum RZK kam, blitzt sein Erzähl-Talent auf, und es wird eine lebendige Geschichte daraus. „Was kannst du? Was machst du?“, fragte man ihn sofort, als er mit 17 Jahren dem Kolping Karnevals Komitee (KKK) beitrat. „Nur die Jacke anziehen – das reichte nicht. Ich habe gesagt: Ich kann in die Bütt“, so Hermsen. Mit Ewald Terbuyken und Heinz Tipper habe er Zwiegespräche in der Bütt gehalten.

Und Singen im Kolping Chor war und ist bis heute seine Leidenschaft, bereits seit 65 Jahren. 44 Jahre sang er zusätzlich im Kolping-Sextett, das auch einmal ein Trio und mal ein Quartett war. Heute heißt die Gruppe „K.6“.

1979 dann habe Rudi Kempkes ein „Attentat“ auf ihn verübt und ihn gefragt, ob er nicht im RZK mitmachen wolle. „RZK? Wat is dat denn?“, erwiderte Hermsen. „Rosenmontagszug-Komitee“ sagte man früher, heute Festkomitee Gocher Karneval, aber „RZK“ ist als Kurzbezeichnung geblieben. Dann habe er den Dachverband der neun karnevalstreibenden Vereine der Weberstadt erst einmal richtig kennen gelernt, sei „hineindelegiert“ worden.

Jeder Verein hat im RZK einen Vertreter, Walter Hermsen erledigte diese Aufgabe für den KKK bis 1996. Als gelernter Tischler aber bot er dem Bühnen- und Wagenbau ebenfalls sehr begehrte Fähigkeiten. Schnell war seine Mitarbeit in der technischen Abteilung unverzichtbar. 2003 baute er mit seinem Team, zu dem Hans Günter Vierkotten und Bodo Buchholz gehörten, eine erste eigene Bühne für den Gocher Karneval. Die Fahrzeuge für den Rosenmontagszug wurden ebenfalls selbst gebaut und mussten jedes Jahr gewartet, repariert, erneuert werden. „Ich hatte auch meinen Dickkopf“, berichtet Hermsen und erzählt, wie er oben auf dem RZK-Wagen eine Camping-Toilette installierte. „Erst haben alle komisch geguckt, aber es war doch praktisch, nicht immer anzuhalten“, so der findige Wagenbauer.

2016 waren es genau 60 Jahre, in denen Walter Hermsen aktiver Karnevalist war. Dafür ehrte ihn der Bund Deutscher Karneval e.V. mit seiner höchsten Auszeichnung. Der besondere Orden mit Brillanten und den Wappen der 16 Bundesländer drum herum liegt vor ihm auf dem Wohnzimmertisch. „Mehr geht nicht“, sagt Hermsen selbst.

Frank Bömler merkt an: „Aus unserem Komitee kann man nicht legal ausscheiden. Du bleibst trotzdem in unserer Gemeinschaft. Das Gute an dir ist ja: Du kannst nicht Nein sagen.“ Ja, er werde mit Rat und Tat zur Seite stehen, und helfen wo es brennt, sagt der Jubilar.

Doch einen bestimmten Satz, den wollte Walter Hermsen unbedingt noch loswerden: „Das alles geht nicht ohne Ehefrau, wenn die nicht mit macht und einen unterstützt, dann steht man im Dunkeln.“ Helga Hermsen lächelt dazu, und sie freut sich auf mehr Zeit für gemeinsame Reisen und ausgedehnte Radtouren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort