Ausstellung Wackerbarth macht die Welt zur Heimat

GOCH · Sein Markenzeichen ist die rote Couch. Mit ihr reist er seit 25 Jahren durch Europa, Amerika, Asien und bald durch Afrika. Ab Sonntag, 30. September, sind Horst Wackerbarths Arbeiten aus NRW im Museum Goch zu sehen.

 Der Künstler Horst Wackerbarth (liegend) war zu Gast bei Museumsdirektor Stephan Mann und Kristina Derks von den Gocher Stadtwerken.

Der Künstler Horst Wackerbarth (liegend) war zu Gast bei Museumsdirektor Stephan Mann und Kristina Derks von den Gocher Stadtwerken.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Mit dem Heimatbegriff hat er so seine Schwierigkeiten. Der 68-jährige Horst Wackerbarth wuchs in einer Zeit auf, als, wie er meint, viele Lehrer noch dem Nationalsozialismus anhingen und kaum geeignet waren, jungen Menschen freies Denken beizubringen. Deshalb hat sich der Düsseldorfer Fotokünstler etwas gewunden, die Ausstellung, um die es nun in Goch geht, „heimat.nrw“ zu nennen.

Aber das hat die NRW-Stiftung, die ihm den Auftrag zum Projekt gab, nun einmal so gewollt, und immerhin lässt sich über den Titel und manches andere ja trefflich debattieren. Und das passt dann wieder ins Konzept.

Von Sonntag an sind im Museum Goch rund 100 große Fotos zu sehen, die Menschen auf dem roten Plüschsofa zeigt, das seit den 90er Jahren auf der Welt unterwegs ist. Auf der Welt, in NRW, in Goch. Die eher kleine niederrheinische Stadt ist die einzige Kommune, die als Ganzes zum Porträt wurde. Viele Menschen – „Prominente“, aber vor allem ganz normale Bewohner - hat der Fotograf in einer für sie typischen Umgebung in Szene gesetzt. Auf dem Kohlfeld, am See, in der Kirche, im Park: überall, wo mehr oder weniger öffentliches Leben stattfindet.

Das 70-jährige Bestehen des Landes NRW gab für die NRW-Stiftung den Anlass, den Künstler zu bitten, ein ganz eigenes Porträt ihrer Bewohner zu schaffen. Viele Bilder haben einen Bezug zu Projekten, die die Stiftung fördert – im Kreis Kleve seien da etwa Schloss Moyland, Haus Koekkoek oder das Klostergut Graefenthal genannt. Und es geht um erhebliche Summen, wie Wackerbarth freimütig zugibt. Nicht mit der „Gießkanne“ würde tröpfchenweise Wohltat ausgeschüttet, sondern in einem Maße, mit dem sich etwas anfangen lässt. Auch in Goch hat Geld geholfen: Die Stadtwerke, durch Kristina Derks vertreten, waren bereit, von diversen Gocher Wackerbarth-Fotos sehr große Plakate drucken zu lassen, die zum Teil bereits im Stadtgebiet hängen. „Das ist Kunst im öffentlichen Raum“, sagt der Düsseldorfer.

Die echte Kunst – seine Bilder, von denen es je drei Stück gibt (eins bleibt beim Künstler eins für die Ausstellung, eins zum Verkauf) – sind, auf Goch bezogen, 2006 entstanden. Damals sollten sie die neue Stadtverwaltung quasi „demokratisieren“, sagt Museumleiter Stephan Mann, indem die Bürger zumindest in Bildern ins Rathaus geholt wurden. Einige dieser Fotografien sind nun im Dachgeschoss des Museums wiederzufinden, im Gegenzug gingen einige Exemplare der NRW-Ausstellung ins Rathaus.

Die Bilder sind nicht nur zum Anschauen da, es gibt auch etwas zu hören: „Mit allen Leuten, die auf der Couch saßen, habe ich auch Videos gemacht“, erinnert Wackerbarth. Ganze Interwies oder kurze Stellungnahmen, in jedem Fall wurden es sehr persönliche Dokumente. Eine Stele mit Tablet daran wird die Besucher der Ausstellung einladen, sich auf der dort stehenden Coach selbst zu fotografieren und über eine interaktive Installation dieses Foto auf die Homepage der Kunstaktion zu laden. So können alle Gocher, die dies wollen, Teil des Projekts „heimat.nrw“ werden.

Wackerbarth erinnert sich gerne an die Zeit in Goch. Monate verbrachte er damals in der Stadt, „ich zeltete auf dem Friedhof, unterhielt mich tagsüber mit Angehörigen und nachts auch schon mal mit Betrunkenen“, erinnert er sich gerne. Und er reiste durch alle Ortsteile, um Gocher ins Bild zu setzen, ganz wörtlich. Da sitzen sie bis heute, auch wenn einige gar nicht mehr leben oder der Stadt den Rücken gekehrt haben. Sie sind Teile der Stadtgeschichte geworden, Dokumente mit manchmal durchaus politischer, auf jeden Fall sozialer Aussage. „Ich wollte Zeugnis ablegen über den Zustand der Gesellschaft“, sagt der Künstler. Bis zum 18. November ist das Ergebnis in Goch zu sehen. Bei der Eröffnung am Sonntag, 30. September, um 11.30 Uhr ist der Künstler anwesend.

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