Goch Vortrag über einstigen Graefenthal-Eigentümer Sinsteden

Goch · Fast vierzig Interessierte waren gekommen, um den Vortrag über MFS Sinsteden zu hören, den Mann, der Graefenthal nach der Säkularisierung von den Franzosen kaufte und damit für seine große Familie über hundertfünfzig Jahre hinweg eine altehrwürdige Heimat schuf.

In der vollbesetzten Remise des Klosters Graefenthal begrüßte die Geschäftsführerin des Fördervereins, Anke Helbing, den Referenten, Hans-Georg Steiffert, zu seinem Vortrag. Über ein Jahr lang hatte Steiffert Daten, Zahlen und Fakten zusammengetragen, Briefe, Tagebücher und andere Schriftstücke gesichtet und entziffert. Dazu waren nicht nur längere Recherchen auf Malta notwendig, sondern auch ein enger und freundlicher Austausch mit dem in Irland lebenden Nachfahren Michael Sinsteden.

Das war eine interessante Persönlichkeit, dieser Michael Franz Severin Sinsteden, ursprünglich vom Niederrhein, der es als junger Mann geschafft hatte, gegen Ende des 18. Jahrhunderts "vom platten Land" in die habsburgische Metropole nach Wien zu kommen und von dort aus sogar weiter gesandt wurde in das mediterrane Malta als Sekretär des späteren Großmeisters von Hompesch. In seinen Tagebüchern hat er vieles festgehalten von seinen Eindrücken über Land und Leute vor Ort, aber auch die Verflechtungen französischer und englischer, osmanischer und russischer Machtpolitik im Mittelmeerraum, wobei ihm die russischen Ausbreitungsbemühungen besonders auffielen. Auch berichten seine Tagebücher und Briefe über Reisen durch das kulturell und kulinarisch reichhaltige Italien um 1800.

Schließlich landete Sinsteden wieder am Niederrhein und alle Bemühungen um eine berufliche Rückkehr ins "pralle Leben" der Metropolen schlugen fehl. So fügte er sich in sein Schicksal und baute ein kleines - für einen Bürgerlichen wie ihn erstaunlich umfangreiches - Imperium an Ländereien in dieser Region auf, zu dem auch Graefenthal gehörte. Dabei fand er sein Auskommen in der Verwaltung der französischen Besatzung genauso wie später unter der Herrschaft der Preußen. Aufmerksam machte er auf sich durch eine Reihe höchst unterschiedlicher Publikationen: Denkschriften an die französische Regierung gehörten dazu, Ausarbeitungen für die preußische Verwaltung und - fast 10 Jahre nach seiner Abreise aus Malta - eine umfangreichere Studie über Malta.

Seine umfangreiche Familie mit 9 Kindern fand Platz und Heimat im ehemaligen Kloster Graefenthal. Er selbst erreichte ein für die damalige Zeit außergewöhnlich hohes Alter von 93 Jahren und wurde letztlich zum gefragten und hochrangigen Fachmann im Katasterwesen. Infolge der privaten Nutzung wurde die Erhaltung von Graefenthal mit einem Großteil seiner einstigen Bauwerke für die Nachwelt gesichert.

(RP)
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