Fall vor dem Bundesgerichtshof Verteidigung legt Revision im Graefenthal-Prozess ein

Kleve/Goch · Der Fall, der monatelang das Landgericht Kleve beschäftigt hat, wird nun auch Thema in höherer Instanz. Die Anwälte des zu fünf Jahren Haft verurteilten 59-Jährigen wollen das Urteil vom Bundesgerichtshof überprüfen lassen.

 Das Medieninteresse am Prozess war groß. Das Urteil will die Verteidigung nun vom Bundesgerichtshof überprüfen lassne.

Das Medieninteresse am Prozess war groß. Das Urteil will die Verteidigung nun vom Bundesgerichtshof überprüfen lassne.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Die Revision war bereits angekündigt worden, nun bestätigt das Landgericht Kleve den Schritt auf Anfrage unserer Redaktion: Die Anwälte des 59-jährigen Niederländers, der kurz vor dem Jahreswechsel unter anderem wegen des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 19 Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen, vom Landgericht Kleve schuldig gesprochen worden war, wollen das Urteil vom Bundesgerichtshof überprüfen lassen. „Wir können bestätigen, dass Revision eingelegt worden ist“, sagt Pressesprecher Alexander Lembke.

Der Prozess gegen den selbsternannten „Propheten“ des Ordens der Transformanten hatte das Gericht in der Schwanenburg monatelang in Atem gehalten. Die Sekte hatte jahrelang unauffällig auf dem Kloster Graefenthal in Goch-Asperden gelebt, ehe hunderte Polizisten im Oktober 2020 das Areal durchsuchten. Der Verdacht: Freiheitsberaubung. Ein Niederländer wurde festgenommen und eine Niederländerin, die in den Klostermauern mutmaßlich gegen ihren Willen festgehalten und über Jahre hinweg missbraucht worden sein soll, weggebracht. Der Beschuldigte hatte bis zum Schluss seine Unschuld beteuert, die Kammer aber ließ sich davon nicht überzeugen. Motive für eine Falschaussage seien nämlich nicht erkennbar.

Die Kammer war vielmehr davon überzeugt, dass die Frau im Winter 2007-2008 im Alter von 13 Jahren von dem Angeklagten in den Niederlanden entjungfert und infolge mindestens 18 weitere Male schwer sexuell missbraucht wurde, als sie noch unter 14 Jahre alt war. Der Angeklagte, der sich selbst auch als „Engel“ bezeichnete, habe seine Stellung im Orden ausgenutzt, so das Urteil. 

Zum Hintergrund: In Strafsachen entscheidet der Bundesgerichtshof über Revisionen gegen erstinstanzliche Urteile der Landgerichte und der Oberlandesgerichte. Die Richter prüfen, ob das Urteil ordnungsgemäß zustande gekommen und rechtlich einwandfrei ist. Noch offen aber ist, worauf sich die Revision der erfahrenen Juristen stützen soll. Die Hauptbelastungszeugin im Prozess war das mutmaßliche Opfer, eine heute 26-jährige Frau. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin hatten die Verteidiger im Laufe des Prozesses vor der siebten großen Strafkammer allerdings immer wieder in Zweifel gezogen und behauptet, es würden Unstimmigkeiten bei ihren Aussagen auffallen.

Noch offen ist, wann der Bundesgerichtshof über den Revisionsantrag entscheidet. „Das ist gar nicht absehbar, es wird aber in jedem Fall noch Monate dauern“, sagt Alexander Lembke. So muss das Gericht erst noch das schriftliche Urteil zustellen. Die Verteidigung hat dann noch einen Monat lang Zeit, die Revision zu begründen. In der Folge muss auch die Staatsanwaltschaft noch Stellung beziehen, ehe sich das Bundesgerichtshof der Sache annimmt.

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