Goch "Uns droht Ärztemangel"

Goch · Wolfgang Pitz, Vorsitzender der Senioren-Union in Goch, schlägt Alarm: Goch (und nicht nur Goch) drohe ein eklatanter Ärztemangel. Die Entwicklung zeichne sich jetzt bereits deutlich ab. "Da müssen wir gegensteuern."

Statistiken können lügen — oder zumindest etwas vertuschen. "Gehen Sie nach der Statistik, dann haben wir hier in Goch zurzeit eine Überversorgung von Ärzten, der Wert liegt bei über hundert Prozent", sagt Wolfgang Pitz.

Weil er aber nur Statistiken glaubt, von denen er weiß, wer sie gefälscht hat, wollte er Fakten. Pitz lud die AOK Rheinland/Hamburg ein, ganz offiziell. Thorsten Janssen, Stabsstellenleiter Medizinische Versorgung bei der AOK in Kleve, kam zur Senioren-Union nach Goch ins Hotel Litjes und erläuterte den Sachstand.

Hoher Altersdurchschnitt

Der ist — noch — sehr ordentlich. Gute Versorgung, insgesamt auch im Bereich Fachärzte. Aber eine Zahl, die Janssen nannte, lässt aufhorchen: Der Altersdurchschnitt der niedergelassenen Mediziner in Goch liegt bei mehr als 50 Jahren. Pitz: "In spätestens 15 Jahren also werden wir eine geradezu dramatische Änderung bei der Versorgung mit Haus- und Facharztpraxen erleben", sagt Wolfgang Pitz. "Wenn wir nicht gegensteuern, und zwar jetzt, sofort. Nicht erst, wenn sich der Mangel wirklich offenbart."

Und was tun? Pitz: "Wir wissen, und wir haben es im Gespräch mit dem AOK-Vertreter auch bestätigt bekommen: Es ist ein Problem, Ärzte dazu zu bringen, sich mit ihrer neuen Praxis nicht in einer Großstadt niederzulassen wie beispielsweise in Düsseldorf, sondern hier auf dem Land."

Da müsse man den Medizinern etwas bieten, sie davon überzeugen, dass sie hier richtig seien, dass es hier Lebensqualität gibt. Knappe Freizeit für den Arzt — da müsse auch etwas ermöglicht werden, "hier und nicht in 100 Kilometern Entfernung". Kultur, Sport, Unterhaltung — das seien eben wichtige Standortfaktoren, und die Stadt tue gut daran, sie nicht zu vernachlässigen, auch nicht in Zeiten knapper Kassen.

Junge Ärzte fürs flache Land — da könne, betont Wolfgang Pitz, die Politik unterstützend mit eingreifen. Das Bemühen von Kranenburgs Bürgermeister Günter Steins zeige es. Und: "Wenn in einer Stadt die medizinische Versorgung nicht mehr stimmt, dann sind alle anderen Bemühungen, diese Stadt lebenswert und attraktiv zu gestalten, letztlich ohne Wirkung."

Genug Ärzte — das sei ja nicht nur wichtig für Senioren. "Wie ich höre, gibt es immer mehr junge Familien, die beispielsweise nach Kleve zum Kinderarztbesuch fahren." Weil's in Goch nicht mehr (genug) Versorgung gibt? Die Gründe seien letztlich egal. "Es muss etwas passieren, und zwar bald."

Für diese jungen Familien sei, wenn sie mit dem Kinderwagen unterwegs sein müssten, ein Arztbesuch letztlich genau so beschwerlich wie für alte Menschen. Senioren die, weil sie vielleicht kein Auto mehr besitzen, dann mit dem Bus oder dem Taxi weite Fahrten in Kauf nehmen — und sie auch bezahlen müssten.

"Wenn wir also jetzt etwas für den Erhalt einer guten ambulanten medizinischen Versorgung tun, sichern wir die Zukunftsfähigkeit der Stadt", betont Pitz.

(RP)
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