Goch Stadtmauer: Mittelalter vor dem Verfall gerettet

Goch · Dem Stück mittelalterlicher Gocher Stadtmauer zwischen Redonplatz und Frauenstraße drohte der Verfall. Doch nun ist es gerettet. Mittelalterliche Stadtgeschichte zum Anfassen mit 1600 neuen Steinen.

 Aufwändige Arbeiten wurden zur Sanierung der historischen Stadtmauer von einer Fachfirma durchgeführt.

Aufwändige Arbeiten wurden zur Sanierung der historischen Stadtmauer von einer Fachfirma durchgeführt.

Foto: EVERS

Geschichte zum Anfassen — das sollte sie bleiben, das ist sie auch wieder, die Gocher Stadtmauer, deren Geschichte bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht. Sage und schreibe 1600 Steine mussten für die aufwändige Sanierung ausgetauscht werden. Bloß — wo kriegt man so viele Klinker her? Nicht neu, so dass sie auffallen, das Gesamtbild zerstören? 1600 alte Backsteine? Die Stadt Goch bediente sich bei einer Fachfirma. Gero Guntlisbergen von der Stadt Goch, bei der Probau an der Jurgensstraße Projektleiter unter anderem für die Stadtmauer-Sanierung, führt aus: "Der Unternehmer, der den Zuschlag für die Sanierung der Mauer bekommen hat, arbeitet mit einem Geschäftspartner in Mönchengladbach zusammen. Der wiederum kann alte Ziegelsteine beispielsweise aus Abbruchhäusern liefern."

Und das tat er auch. 1600 Stück. Dann kam der Landeskonservator. Kam, sah und stimmte zu. Ja, diese Steine seien die richtigen. Also ist sie bald wieder komplett, die Stadtmauer. "Zusammen mit dem Fünf-Ringe-Haus ist sie wohl das wichtigste Stück berühr- und begehbarer Stadtgeschichte", sagt Wolfgang Jansen, Geschäftsführer der Probau, einer städtischen Tochtergesellschaft. "Und der Verpflichtung, dieses Vermächtnis dauerhaft zu erhalten, trägt die Stadt selbstverständlich Rechnung." Rechnung. Das Stichwort. Etwa 90 000 Euro kostet die Komplettsanierung. Eine durchaus stattliche Summe, zumal in Zeiten, da überall an allen Ecken und Enden gekürzt und gespart werden muss. Aber das Projekt ließ sich nicht aufschieben. Gefahr im Verzug, denn: Zum Beispiel durch Vogelkot oder Samenflug war auf die ungeschützte Oberseite der Mauer allerlei Saat getragen worden. Und keimte. Denn das Regenwasser lief schlecht ab.

So entwickelte sich nach und nach ein winziger Wald auf dem mittelalterlichen Gemäuer, das die Bausubstanz wegen der Durchwurzelung langsam, aber sicher zerstört hätte. Das kann jetzt nicht mehr passieren, denn, so Gero Guntlisbergen: "Die Mauer bekommt eine Abdeckung aus Beton, die leicht gewölbt ist, so dass Regenwasser sich nicht mehr sammeln kann, sondern nach unten abfließt. Eine Glasfaserverstärkung macht die Abdeckung besonders haltbar. Auf Jahrzehnte hinaus ist auf diese Weise die Stadtmauer gesichert.

Mit dieser Methode war der Landeskonservator genau so einverstanden wie mit den alten Backsteinen, die zum Ersatz schadhafter Klinker dienten.

Das ganze Projekt ist auch deshalb so teuer, weil die Sanierung einfach viel Zeit kostet. Wolfgang Jansen: "Auf einer Fläche von 420 Quadratmetern mussten beziehungsweise müssen Verfugungen entfernt und erneuert werden. Die Klinkerfläche dieses Teils der historischen Stadtmauer entspricht tatsächlich der von etwa drei Einfamilienhäusern."

Übrigens: Die Bauarbeiter, die die versiegelnde Betonschicht legen, haben zwischendurch einen recht guten Ausblick. Immerhin sieben Meter hoch ist der Stadtmauer-Rest. Kein Wunder: Sie sollte im Mittelalter, als es noch keine Kanonen und andere zerstörerische Schusswaffen gab, die Stadt wirkungsvoll vor Eindringlingen sichern. Die gemauerte Variante aus dem 13. Jahrhundert war übrigens schon der zweite Schutz der wehrhaften kleinen Stadt Goch. Die anfängliche Holzkonstruktion hatte sich nicht bewährt.

(RP)
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