Goch Sparzwang - Kirchen auf dem Prüfstand

Goch · In diesen Tagen werden in Pfalzdorf und Nierswalde Projektgruppen gebildet, die sich damit beschäftigen, wie die Evangelische Kirchengemeinde ihre finanzielle Situation verbessern kann. Möglich ist auch die Aufgabe von Kirchen.

 Die Evangelische Gemeinde Pfalzdorf-Nierswalde zählt aktuell rund 2000 Gemeindeglieder. Im Vergleich zu ähnlich großen Gemeinden im Kirchenkreis unterhält sie einen einzigartig großen Gebäudebestand, zu dem die Ostkirche in Pfalzdorf (links) ebenso gehört wie die Evangelische Kirche in Nierswalde (Mitte) und die Pfalzdorfer Westkirche.

Die Evangelische Gemeinde Pfalzdorf-Nierswalde zählt aktuell rund 2000 Gemeindeglieder. Im Vergleich zu ähnlich großen Gemeinden im Kirchenkreis unterhält sie einen einzigartig großen Gebäudebestand, zu dem die Ostkirche in Pfalzdorf (links) ebenso gehört wie die Evangelische Kirche in Nierswalde (Mitte) und die Pfalzdorfer Westkirche.

Foto: archiv stade / privat / evers

Wer sich derzeit mit Pfarrer Armin Rosen unterhält, der kommt eher auf die Idee mit dem Geschäftsführer eines in finanzielle Schräglage geratenen Unternehmens zu sprechen, als mit einem hauptamtlichen Seelsorger. "Für den neuen Haushalt haben wir Aktiva und Passiva aufgelistet, um eine Eröffnungsbilanz aufzustellen. Die soll Ende dieses Jahres fertig sein", sagt Rosen. Verantwortlich für dieses auf den ersten Blick berufsuntypische Vokabular ist, dass der Pfalzdorfer Pfarrer in diesen Tagen und Wochen neben der Seelsorge viel an Soll und Haben denken muss. "Das genaue Ergebnis der Bilanz kennen wir zwar noch nicht, aber es steht jetzt schon fest, dass wir uns nicht mehr alles leisten können, was wir uns bisher geleistet haben", so der 48-Jährige mit dem markanten Henriquatre-Bart.

Seit Februar 2011 ist er zuständig für die Evangelische Kirchengemeinde Pfalzdorf-Nierswalde, damals sprach er von einer "verheißungsvollen Aufgabe", die ihm übertragen worden war. Als Nachfolger von Marc Ditthardt war der in Xanten Aufgewachsene nach Stationen im Ruhrgebiet, Oberbergischen und dem Westerwald an den Niederrhein zurückgekehrt und wollte zunächst einmal sehen, "was die Gemeinde braucht und was Gott mit ihr vorhat".

 Die Evangelische Gemeinde Pfalzdorf-Nierswalde zählt aktuell rund 2000 Gemeindeglieder. Im Vergleich zu ähnlich großen Gemeinden im Kirchenkreis unterhält sie einen einzigartig großen Gebäudebestand, zu dem die Ostkirche in Pfalzdorf (links) ebenso gehört wie die Evangelische Kirche in Nierswalde (Mitte) und die Pfalzdorfer Westkirche.

Die Evangelische Gemeinde Pfalzdorf-Nierswalde zählt aktuell rund 2000 Gemeindeglieder. Im Vergleich zu ähnlich großen Gemeinden im Kirchenkreis unterhält sie einen einzigartig großen Gebäudebestand, zu dem die Ostkirche in Pfalzdorf (links) ebenso gehört wie die Evangelische Kirche in Nierswalde (Mitte) und die Pfalzdorfer Westkirche.

Foto: archiv stade / privat / evers

Inzwischen ist klar: Neben geistlichem Beistand braucht die Gemeinde vor allem Geld. Beziehungsweise Ideen, wie die Haushaltslage der Kirche verbessert werden kann. Rosen: "Wir müssen die Ausgaben auf den Prüfstand stellen und Einnahmen generieren." Von einer "zunehmend angespannten Finanzlage", in deren Folge unter anderem die Aufgabe von Gebäuden geprüft wird - "gegebenenfalls auch die Aufgabe von Kirchen", ist die Rede. Als Hauptgründe für die wachsenden Probleme nennt Rosen "Abflüsse an die Landeskirche" und eine generelle "permanente Kostensteigerung" und vor allem die stetig wachsenden Belastungen aus den Gebäuden.

Die Evangelische Gemeinde Pfalzdorf-Nierswalde unterhält mit unter anderem drei Kirchen (Kirche Nierswalde, Ostkirche und Westkirche Pfalzdorf) einen im Kirchenkreis einzigartig großen Gebäudebestand gemessen an der Gemeindegliederzahl von knapp unter 2000 Gläubigen. Schon Rosens Vorgänger Ditthardt hatte Kirchengebäude (zwei Pfarrhäuser, ein Küsterhaus) veräußert, um Kosten zu mindern.

Zu einer ersten Versammlung, in der die Gemeinde über die weiteren Sparzwänge informiert wurde, waren laut Rosen "zwischen 40 und 50 Personen" gekommen. "Sie haben schnell die Ernsthaftigkeit der Situation verstanden und gefragt, wie es weitergeht", berichtet der Pfarrer. Allerdings hätten sich seither auch viele Unterstützer gefunden, die dem Presbyterium und ihm Mut machten. Im Herbst werden Gemeindeleitung und Gemeindegruppen damit beginnen, Arbeitskreise zu gründen. "Wir werden Projektgruppen bilden, die sich mit den Themen ,Gebäude', ,Attraktivität der Gottesdienste' und der ,Attraktivität der Gemeinde' auseinander setzen", sagt Rosen. Erste konkrete Vorschläge und Maßnahmen sollen schon bald vorliegen. "Wenn uns nichts einfällt, sind wir nicht pleite, aber wir nehmen derzeit einfach zu viele Rücklagen in die Hand. Zwei bis drei Jahre haben wir jetzt Zeit für die Konsolidierung", sagt Rosen.

Auf die Frage, ob er noch ausreichend Zeit für den seelsorgerischen Teil seiner Tätigkeit habe, sagt Rosen bestimmt: "Ja, die habe ich ganz sicher, die nehme ich mir. Vielleicht können wir die aktuelle Situation sogar für uns nutzen. Wenn wir uns alle gemeinsam die Frage stellen, was können wir noch machen und was nicht mehr, das kann auch eine große Chance sein."

(RP)
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