Goch Sieben Menschen erleiden CO-Vergiftung

Goch · Weil eine Mutter ihre Tochter bewusstlos in der Badewanne fand, alarmierte sie den Rettungsdienst. Stunden später stellte sich heraus, dass Gas ausgetreten war. Die Feuerwehr räumte das Gebäude. Ursache könnte das Wetter sein.

Der Alarm ging um 0.48 Uhr bei der Feuerwehr ein. 14 Einsatzkräfte räumten daraufhin das Haus an der Hülmer Straße und führten Messungen durch.

Der Alarm ging um 0.48 Uhr bei der Feuerwehr ein. 14 Einsatzkräfte räumten daraufhin das Haus an der Hülmer Straße und führten Messungen durch.

Foto: Schulmann

Dramatische Szenen am Donnerstagabend (Altweiber) in einem Mehrfamilienhaus an der Hülmer Straße in Goch: Gegen 22.50 Uhr fand eine Mutter ihre 14 Jahre alte Tochter bewusstlos in der Badewanne. Sie alarmierte den Rettungsdienst, der das Mädchen ins Krankenhaus brachte. Dort stellten die behandelnden Ärzte eine hochgradige Kohlenmonoxid-(CO)-Vergiftung fest. Weil Lebensgefahr bestand, wurde die 14-Jährige in die Uniklinik Düsseldorf verlegt. Glück im Unglück: Die Behandlung in der sogenannten Druckkammer, in der die Sauerstoffkonzentration im Blut angereichert und das Kohlenmonoxid minimiert wird, war erfolgreich. Schon am frühen Freitagmittag konnte Polizeisprecher Manfred Jakobi Entwarnung geben: "Das Mädchen ist außer Lebensgefahr."

Noch in der Nacht zu Freitag informierten Mitarbeiter des Krankenhauses die Gocher Feuerwehr über die CO-Vergiftung, die daraufhin mit 14 Einsatzkräften des Löschzuges Stadtmitte unter schwerem Atemschutz das Haus räumten, Messungen durchführten und lüfteten. 15 Personen verließen das Haus, elf davon wurden in umliegenden Krankenhäusern untersucht, wiederum sechs davon blieben stationär zur Beobachtung.

"Der Alarm ging um 0.48 Uhr bei uns ein", sagt Feuerwehrsprecher Torsten Matenaers und ergänzt: "Im Bereich des Wohnzimmers der Wohnung haben wir erhöhte CO-Werte festgestellt." 30 ppm (parts per million), um genau zu sein. Dabei handelt es sich um die Kohlenmonoxidkonzentration in der Luft. 30 ppm sind laut dem Giftinformationszentrum-Nord ein Arbeitsplatzgrenzwert, 1000 ppm können nach Stunden tödlich sein. Dabei kann das Messgerät der Feuerwehr nur feststellen, ob CO in der Luft liegt. Eine Quelle kann es indes nicht lokalisieren, wie Matenaers auf Anfrage unserer Redaktion erklärte.

Zum Hintergrund: Die Wohnung, in der das Mädchen gefunden wurde, liegt im ersten Obergeschoss des Sechsfamilienhauses. Das Haus älteren Baujahrs verfügt über eine zentrale Gasheizung. Darüber hinaus befindet sich im Badezimmer der jeweiligen Wohnungen eine Gastherme, die das sogenannte Gebrauchswasser erwärmt. Wie es zu dem CO-Austritt kommen konnte, ist noch nicht gesichert überliefert. "Es werden beide Heizungsanlagen überprüft", sagt Jakobi und ergänzt: "Unsere erste Arbeitshypothese ist, dass durch eine Inversionswetterlage die Abgase der Heizungsanlage zurück ins Haus gedrückt wurden."

Von einer Inversionswetterlage spricht man, wenn die Temperatur nach oben hin nicht abnimmt, sondern steigt. "Normalerweise wird die Luft alle 100 Meter etwa 0,7 Grad kühler. Bei einer Inversionswetterlage kehren sich die Luftschichten um, dadurch ist ein Austausch der Massen nicht gegeben", sagt Hobbymeteorologe Hubert Reyers aus Kleve, der sich eigentlich nicht vorstellen kann, dass das Wetter ursächlich für dieses Unglück sein kann. Denn seines Wissens tritt dieses Phänomen nur bei ruhigen Lagen auf. "Und das war an Altweiber nun wirklich nicht der Fall."

Michael Janßen, Obermeister der Innung Sanitär-Heizung-Klima im Kreis Kleve aus Goch, sieht das anders. Er will nicht direkt von einer Inversionswetterlage sprechen, wohl aber von starken Luftmassen, die Abgase wieder zurück in den Schornstein drücken können. Neuere Anlagen verfügen in diesem Fall über eine sogenannte Abgassicherung. "Dann schaltet die Anlage auf Störung", sagt Janßen.

Auch Georg Binn vermutet, dass starke Böen ursächlich sein könnten. Der Leiter der Gocher Feuerwehr, der am Abend auch den Einsatz an der Hülmer Straße führte und zudem Bezirksschornsteinfeger ist, nahm keine weiteren Verbrennungsgeräte in der Wohnung wahr. Also nahm er die Gastherme noch einmal in Betrieb und führte eine weitere Messung durch. "Dabei stellten wir keine erhöhten CO-Werte fest", sagt Binn, der hinzufügt, dass zu diesem Zeitpunkt keine Böen über Goch fegten.

Schornsteinfeger Holger Beumeler, der für dieses Gebiet zuständig ist, überprüfte noch am Freitag die Heizungsanlage. Auch er konnte keinen technischen Defekt an der Gastherme ausmachen.

(jul)
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