Goch Reichswaldkaserne inspiriert Künstler

Goch · Am Sonntag wird im Museum Goch die Ausstellung "Blockbuster. Bilder von Kriegen" eröffnet. Jan Lemitz, Fotograf aus Meerbusch, zeigt Fotos eines künftigen Baugebiets, das bis 2006 militärischer Standort war.

Für viele ist es einfach nur ein großes Neubaugebiet. Für andere der Ort, an dem Vater oder Mutter arbeiteten - damals, als die Fläche noch "Reichswaldkaserne" hieß. Die Älteren erinnern sich an die Zeit, als an der Pfalzdorfer Straße britische Soldaten Dienst taten. Derzeit laufen aus Vergangenheit und Zukunft die Themen ineinander. Und wer mag, kann in all dem Sand, der da bewegt wird, noch viel mehr Geschichte und Veränderung festmachen. Ein buchstäblich weites Feld für einen Fotografen mit historischem, politischem und ästhetischem Interesse. So einem wie Jan Lemitz, dessen Ausstellung "Blockbuster. Bilder von Kriegen" am Sonntag, 12. Februar, im Museum Goch eröffnet wird.

Es geht "um die Kontinuität eines militärischen Blicks auf unsere Landschaft, die sich jederzeit in ein Instrument der Kriegführung verwandeln kann", schreibt Stephan Mann in der Ankündigung der Ausstellung. An insgesamt vier niederrheinischen Orten werden Bilder und Materialien aus dem Projekt zu sehen sein. Zunächst in Goch, später in Weeze und in Neuss. Lemitz hat in Archiven und Sammlungen nach Bildern gesucht, mit denen er arbeiten kann, und sich intensiv selbst umgesehen. Gerade die Veränderungen in Goch haben es dem 45-jährigen Meerbuscher, dessen Vater ziviler Mitarbeiter eines Bundeswehrstandorts war, angetan. "Die Bilder der Umwandlung lassen die Grenzen zwischen einem Vorher und Nachher verschwimmen. Sie machen eine Landschaft im Umbruch sichtbar, die dauerhaft teils gewaltsamen Veränderungen ausgesetzt ist", sagt Mann.

In der Tat: Was die Bagger da "anrichten", ist eine Umformung der Landschaft. Sogar ein See entsteht dort, wo (nicht weit entfernt) im Februar / März 1945 die alliierten Streitkräfte um das Gebiet des Reichswalds kämpften. Die Kämpfe dieser Zeit haben einen Großteil der niederrheinischen Städte und Dörfer zerstört. Das, was früher war und das, was es in ziviler und militärischer Hinsicht heute noch gibt, wird von Jan Lemitz miteinander verknüpft. Nach dem Museum Goch wird das "Astra"-Kino am Royal Air Force Museum am Flughafen Weeze bespielt, Neuss zeigt im September Bilder im ehemaligen ABC-Schutzraum unterhalb des Rathauses und im Atelierhaus der Stadt im Hafen. Schon zum dritten Mal dient die Fläche der ehemaligen Reichswaldkaserne einem Künstler als Projektionsraum. Claudia Wißmanns "Willkommen im Westen" war 2009 eine spektakuläre Inszenierung, schon 2010 folgte Bastians "Bastokalypse". "Nicht wenige Bürger fanden es damals spannend, endlich einmal das Gelände erkunden zu dürfen, was ja Jahrzehnte nicht möglich war", sagt Steffen Fischer vom Museum. Jetzt stellt ein Besuch kein Problem mehr dar, aber was man sieht, ist ganz anderes: Sand, Gräben, Wasserflächen, große Baumaschinen. Und hier und da noch ein Gebäude, das einst militärische Funktion hatte. Spektakulär ist jetzt nichts mehr, die Szenerie verlangt geradezu nach dem suchenden Blick des Künstlers. So wie Lemitz auch in Calais, als er bei einer Langzeitrecherche die Flüchtlinge am Eurotunnel fotografierte, nicht die reißerischen Situationen, sondern die ruhig-kalten Momente festhielt: die Zäune, den Stacheldraht, die Überwachungstechnik. Eben die Infrastruktur, die zum Beispiel aus einem Wohngebiet eine Kaserne macht. Oder, wenn die Anlagen wieder abgebaut werden, aus einer Kaserne ein Wohngebiet.

Alles ist möglich, "Kulturlandschaften wie Städte befinden sich in permanenter Veränderung", sagt Mann. Nie entsteht einfach Neues - Erinnerungen und Gefühle nehmen die Vergangenheit mit in die Zukunft. Die baulichen Relikte an die militärische Zeit (die Toreinfahrt, die Squashhalle, das Heizwerk) dürften auch in Fremden oder Neubürgern Assoziationen wecken.

Zur Ausstellungseröffnung am Sonntag um 11.30 Uhr spricht Bürgermeister Ulrich Knickrehm ein Grußwort, Museumsdirektor Stephan Mann führt ins Thema ein. Jasmin Schöne lädt ein zum Kids' Opening; ein Bus fährt die jungen Kulturfreunde zum Kasernengebiet (und zurück). Das Projekt wird durch das Land NRW, den Kulturraum Niederrhein, die Stadt Goch, die Gemeinde Weeze und das Kulturamt der Stadt Neuss gefördert.

(RP)
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