Goch Rebellen in der Werkstatt

Goch · Der Strom fließt, die Wände sind frisch gestrichen, eine Hebebühne kommt. Viele kleine Schritte auf dem Weg zur pädagogisch wertvollen Werkstatt für jugendliche Problemfälle sind gemacht. Viele stehen noch aus.

Pechschwarz ist der Briefkasten der "Automobilen Randgruppe" am Emmericher Weg, dabei kehrt das Glück zu den Männern um Frank Sommer offenbar allmählich zurück. Ende des Jahres noch soll die gesponsorte Hebebühne der Hartmann AG aus München kommen. Der Strom, der beim letzten Besuch noch gänzlich fehlte, fließt inzwischen, das Dach über den künftigen Schulungs- und Büroräumen ist dicht, der See im baldigen Lager trocken gelegt und die Vandalismusschäden weitgehend beseitigt. Sogar ein Teil des Mobiliars für die Verwaltung ist schon da – ebenfalls eine Spende.

Große Unterstützung

"Ohne die Unterstützung von Firmen und Privatleuten wären wir heute nicht so weit", gibt Sommer unumwunden zu. Er ist der Projektleiter, der im April 2010 konkret gewordenen Idee mit dem für den Niederrheiner leicht sperrigen, aber für die Zielgruppe attraktiven Namen "Cleveland Streetwork Kustomz".

Hinter dem Anglizismus verbirgt sich das Vorhaben, Jugendliche, die einen verstärkten Betreuungs- und Hilfebedarf aufweisen, in eine Arbeitsgemeinschaft und Arbeitsprozesse zu integrieren, die sich um Restaurationen und Umbauten von Kraftfahrzeugen und Motorrädern drehen. So steht es in den Statuten des gemeinnützigen und gleichnamigen Vereins. Kurz gesagt: Schulversager sollen durchs Schrauben für den Beruf fit gemacht werden. Die Leitung hat dabei der Pädagoge und Amischlitten-Fan Frank Sommer.

"Man muss schon verrückt sein, um sich so etwas vorzunehmen, aber diese Jugendlichen brauchen uns", sagt Sommer. "Der große Vorteil dieser Art der Erziehung", sagt Sommer weiter, "liegt im hohen Anteil der praktischen Arbeit." Sprich, die Jugendlichen lernen nicht nur bloße Theorie, sondern sehen sofort ein Ergebnis. Dieses geht, jenes nicht. Und: Dieses Verhalten wird von Arbeitgebern geduldet, jenes nicht. Daran, dass dieses weithin einzigartige und durch die kostenfreie Bereitstellung der Halle 49 auf dem Kasernengelände von der Stadt Goch unterstützte Projekt Zukunft hat, glauben nicht nur die derzeit 20 Vereinsmitglieder (mehr dazu auch unter www.cleveland-kustomz.de). Seit in Eigenleistung für Strom gesorgt wurde, haben sich mehr und mehr Firmen gemeldet – und zwar nicht nur aus der Region –, die dieser Idee auf die Beine helfen wollen. Dennoch fehlt es natürlich noch an einigem und weitere Hilfe wird dringend benötigt, damit der Werkstattbetrieb bald aufgenommen werden kann (siehe Info).

"Wir sind Rebellen", gibt Sommer, der Mann mit den vielen Ringen und der markanten Gesichtsbehaarung zu. Doch es sind Rebellen, die offensichtlich viel Gutes im Schilde führen und sich um Jugendliche kümmern, die andernfalls kaum eine Chance hätten.

"Cleveland Streetwork Kustomz" muss daher nicht gleich jedem etwas sagen, seine Ziele aber, die haben die Unterstützung von jedem verdient. Wo Elternhäuser, Schulen und Ämter ratlos die Köpfe schütteln, setzen Sommer und sein Team an. Ihre Hartnäckigkeit hat die "Automobile Randgruppe" angesichts der Startschwierigkeiten bereits bewiesen.

(RP)
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