Goch-Pfalzdorf Pfalzdorf finanziert Lehrer in Ghana

Goch-Pfalzdorf · Drei Pädagogen aus Nandom verschafften sich einen Eindruck vom Leben, Arbeiten und Lernen in Deutschland.

 Bei der Fragestunde in der Pfalzdorfer Grundschule war die Neugierde auf beiden Seiten groß.

Bei der Fragestunde in der Pfalzdorfer Grundschule war die Neugierde auf beiden Seiten groß.

Foto: GOTTFRIED EVERS

Wie mag eine Grundschule mit elektronischen White-Boards an der Tafel und Einbauküche im Fachraum auf Pädagogen wirken, die 70 oder 80 im Sand sitzende Kinder gleichzeitig unterrichten? Paul, 50, Stephen, 59 und Chrisantus, 46 Jahre alt, machen diese Erfahrung gerade, denn sie - Lehrer aus Nandom in Ghana - verschaffen sich auf Einladung der Ghanapartnerschaft Pfalzdorf einen Eindruck vom Leben, Arbeiten und Lernen in Deutschland. Auch eine Schülerin ist dabei: Ida, 25 Jahre alt, aber erst Neuntklässlerin. Ihre Familie ist arm; bevor sie an der Reihe war, die Schule zu besuchen, mussten erst die älteren Geschwister berücksichtigt werden. Für mehr als ein Schulkind reicht das Familieneinkommen nicht. Wie Schule in Ghana funktioniert, davon hat sich Theo Sprenger, früherer Rektor der Pfalzdorfer St. Martin Hauptschule, schon mehrfach ein Bild gemacht.

"Im Norden Ghanas, 700 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, ist Steppe, es gibt nicht viel mehr als Sand. Dort werden die Kinder, wenn sie überhaupt zur Schule geschickt werden, oft in Baracken ohne Tische und Stühle unterrichtet. Und diejenigen, denen eine längere Schullaufbahn ermöglicht wird, verlassen danach meist die Region oder sogar Afrika. Eine ganz üble Entwicklung." Um die wenigstens ein bisschen aufzuhalten, finanziert die Pfalzdorfer Ghanahilfe einige Stipendien für angehende Lehrer. Damit sie in einigen Jahren dafür sorgen, dass mehr Kinder eine Schulbildung bekommen und auch im Land bleiben.

Die drei Männer und die junge Frau wirken beim Pressebesuch leicht gestresst. Kein Wunder, sie haben ein eng getaktetes Programm während ihrer drei Niederrhein-Wochen. Sie besichtigen Unternehmen, lernen die Freiwillige Feuerwehr kennen, erfahren, was ein Altenheim ist. Jeden Abend werden sie bei Sprengers zuhause verköstigt, übernachten in einem möblierten, derzeit unbewohnten Haus, sind auch mal "Touristen" oder Fest-Besucher. Kein Tag ohne Termine. Aber beim Besuch der Pfalzdorfer Grundschule strahlen ihre Augen und richtet sich die Konzentration aller auf die Erstklässler. Mit denen üben sie Englisch: "What's your favourite colour? Which animal do you like? What's your name?" Die Siebenjährigen wollen eine Menge wissen und verblüffen alle Zuhörer durch ihre Sprachkenntnisse. Lehrerin Stefanie Wilbert ist mit Recht stolz. Paul und Chrisanthus berühren erstmals in ihrem Leben eine Tafel, auf die man dank neuzeitlicher Elektronik mit dem Finger schreiben kann. Das gefällt ihnen sichtlich. Was ihnen weniger gefällt, berichten sie zögernd im anschließenden Pressegespräch: "Ich verstehe nicht, warum die alten Menschen nicht mit den Jungen zusammenleben", sagt Stephen. Und Chrisantus findet traurig, dass so wenig junge Menschen die Gottesdienste besuchen. Die Ghanaer sind Katholiken, unterhalten sich auch viel mit dem Pfalzdorfer Kaplan Aba (aus Nigeria) und Pastoralreferent Dieter van Wickeren. Mit ernstem Blick sagt Chrisanthus, der nicht nur Lehrer, sondern auch Priester ist: "Sie müssen aufpassen, dass Sie bei all Ihren finanziellen Möglichkeiten das soziale Miteinander nicht vernachlässigen." Dem 46-Jährigen gefällt nicht alles in Deutschland. Auch nicht, dass hierzulande guter Mais in Biogasanlagen gesteckt wird, statt sich davon zu ernähren.

Genau dieser Austausch "auf Augenhöhe" ist Theo Sprenger wichtig. Die Pfalzdorfer wollen nicht nur Vorbild für die Afrikaner sein, sondern durchaus auch etwas von ihren Gästen lernen.

Auch weiterhin wird Geld gesammelt für Bildung, Krankenhausprojekt und Brunnenbau in Nandom. Ein Jahr Lehrerausbildung kostet 800 Euro. Sechs junge Männer, die ihre Eignung nachweisen mussten, kommen in den Genuss der Förderung. Auch Frauen waren gefragt worden, aber sie trauten sich nicht zu, ihre Dörfer zu verlassen. Schulen, erst recht Hochschulen, sind viele Stunden weg von Zuhause.

(RP)
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