Goch/Geldern Niersverband warnt vor höheren Gebühren

Goch/Geldern · Arzneimittel-Rückstände belasten zunehmend das Wasser. Der Niersverband fordert, die Kosten nicht allein dem Bürger anzulasten.

 Die Niers ist von der Quelle bei Kuckum bis zur Mündung in die Maas rund 113 Kilometer lang.

Die Niers ist von der Quelle bei Kuckum bis zur Mündung in die Maas rund 113 Kilometer lang.

Foto: Busch

Die Abwassergebühren könnten mit den Koalitionsverhandlungen deutlich steigen. Darauf machte der Niersverband aufmerksam. Nach Einschätzung des Verbandes droht Verbrauchern eine Erhöhung um 20 bis 25 Prozent, um Arzneimittel-Rückstände und Pestizide aus dem Wasser herausfiltern zu können, bevor sie in Gewässer gelangen. Dafür ist eine vierte Reinigungsstufe für Kläranlagen im Gespräch. Würde man diese flächendeckend einbauen, entstünden in Deutschland jährlich Kosten von rund 750 Millionen Euro, teilte der Niersverband mit.

Im vergangenen Jahr führte das Bundesumweltministerium einen so genannten Stakeholder-Prozess durch, bei dem Vertreter aus Industrie, Wirtschaft und Verbänden darüber diskutierten, wie schädliche Spurenstoffe im Wasser reduziert werden können. Die EU hatte festgestellt, dass die Verschmutzung von Gewässern mit pharmazeutischen Stoffen ein zunehmendes Umweltproblem darstellt und eine europäische Strategie dazu gefordert. An der Diskussion nahm auch der Niersverbandsvorstand Dietmar Schitthelm teil. "Ein anschließend vom Umweltbundesamt beauftragtes Gutachten bestätigt die Möglichkeit einer Medikamenten-Abgabe zur Mitfinanzierung der erweiterten Abwasserreinigung", so der Niersverband. "Deshalb steht im ersten Entwurf des Koalitionsvertrages zum Komplex Umwelt noch der Satz: ,Wir wollen eine Finanzierungsgrundlage schaffen, die auch die Hersteller und Verursacher in die Pflicht nimmt.'"

Zwischenzeitlich ist dieser Satz gestrichen worden. Jetzt heißt es lediglich: "Die Abwasserabgabenregelung wollen wir mit dem Ziel der Reduzierung von Gewässerverunreinigungen weiter entwickeln." Schitthelm kritisiert die Streichung der Verursacher-Regelung. Zur jetzigen Formulierung sagt er: "Damit fördert die Groko unmittelbar die Gewinnmaximierung von Pharma- und Pestizidindustrie zu Lasten des Bürgers." Der Verbandsvorstand rechnet damit, dass Verbraucher im Niersverbandsgebiet für den Ausbau der Anlagen jährlich zehn Millionen Euro stemmen müssten.

Er geht davon aus, dass der Kubikmeterpreis von heute 80 Cent auf dann 1,05 Euro steigen würde, wenn Bürger die Beseitigung der pharmazeutischen Spurenstoffe im Wasser mitfinanzieren müssten. Hinzu kommt, dass der Niersverband im Rahmen seiner Haushaltskonsolidierung ohnehin mit Kostensteigerungen rechnet. "Wenn beide Komponenten zusammenkommen, liegt der Preis pro Kubikmeter bei 1,30 Euro", so Schitthelm.

Die Politik will Bürger sensibilisieren. Im Entwurf zum Koalitionspapier heißt es, man wolle mit einer Öffentlichkeitskampagne auf die Gefahren der falschen Entsorgung von Arzneimitteln auf das Abwasser hinweisen. Schitthelm glaubt nicht, dass das ausreicht. Im Verbandsgebiet sei die Konzentration des Schmerzmittels Diclofenac sehr hoch, etwa in der Niers unterhalb der Kläranlage Neuwerk. Dass so viele Menschen Diclofenac nähmen, liege daran, dass so viel Werbung dafür gemacht werde: "Wir werden dafür kämpfen, dass alle umweltschädlichen Medikamente verschreibungspflichtig werden. Dann braucht man dafür keine Werbung mehr zu machen."

(RP)
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