BAP-Frontmann in Goch Niedecken begeistert Publikum

Goch · Der BAP-Frontmann las in der Viller Mühle aus seiner Autobiographie "Für ne Moment" vor. Nur von Gitarre und Mundharmonika begleitet sang er viele bekannte Lieder. Das Publikum war begeistert.

 Wolfgang Niedecken fühlte sich sichtlich wohl auf der Bühne der Viller Mühle und kündigte an: "Ich muss mal mit der Band wieder kommen."

Wolfgang Niedecken fühlte sich sichtlich wohl auf der Bühne der Viller Mühle und kündigte an: "Ich muss mal mit der Band wieder kommen."

Foto: klaus STADe

Fans vom Niederrhein, die sich Sorgen um BAP-Sänger Wolfgang Niedecken gemacht haben, dürften spätestens seit am Mittwoch beruhigt sein. Dass der Musiker Ende 2011 einen Schlaganfall hatte, war ihm bei seinem Auftritt in der Viller Mühle überhaupt nicht anzumerken.

Niedecken war nach Goch gekommen, um aus seiner Autobiografie "Für ne' Moment" zu lesen und einige Lieder zum Besten zu geben. Leger gekleidet in Jeanshose und -hemd wechselte er scheinbar mühelos zwischen lesen und singen, zwischen lustig und nachdenklich, zwischen Rocker und Poet. Gitarre und Mundharmonika spielte der Vollblutmusiker sogar gleichzeitig. Das Publikum hatte er schnell auf seiner Seite: Es klatschte, sang viele Lieder mit, lachte oder hielt den Atem an bei den Geschichten aus seiner Autobiographie: Es war insgesamt eine ausgelassene Ü30-Party mit Wolfgang Niedecken. Jüngere Zuschauer hatten sich kaum in der Gocher Mühle eingefunden.

"Bei der Lesung gibt es nur mich und das Publuikum. Ich stehe sozusagen nackt vor den Menschen", hatte der Kölner im Vorfeld der Veranstaltung in der Viller Mühle im RP-Interview gesagt. Das zeigte sich besonders, als Niedecken Passagen aus seinem Buch vorlas, bei denen es um seine Zeit als Kind im Internat der Pallotiner in Rheinbach ging. Nüchtern, aber dennoch eindringlich erzählte er vom militärischen Drill und von Pater L.., einem "Peiniger mit pädophilen Neigungen", der mit seiner "religiös verklärten Geilheit" den Kindern das Leben im Internat zur Hölle machte — auch dem kleinen Wolfgang. Erst als sein Vater die Spuren von Misshandlung zufällig am Körper des Jungen entdeckte, verschwand Pater L. vom Internat in Rheinbach.

Besonders interessant für Fans des Musikers Wolfgang Niedecken: Durch den Wechsel von Lesung und Musik wurde immer wieder deutlich, wie viel von ihm selbst in jedem Song steckt — sei es im Text oder in der Musik. Auch wenn nicht alle Anwesenden in der ausverkauften Viller Mühle die kölschen Texte bis ins Letzte verstanden haben dürften.

Die 50er-Jahre werden lebendig, wenn Niedecken von seiner Kindheit im Severinsviertel in Köln berichtet. Er erzählt, wie er zusammen mit anderen Kindern in Trümmern gespielt hat, dass seine Mutter für ihn "mindestens so schön war wie Sophia Loren". Ein immer wiederkehrendes Thema: Die schwierige Beziehung zum Vater. "In ihm saß die Angst fest, nicht gewappnet zu sein gegen Hunger und Elend". Vater Josef gehörte zu der Generation, die der zweite Weltkrieg regelrecht kaputt gemacht hatte. Der Song "Verdamp lang her", der wohl bekannteste der Band BAP, ist eine Auseinandersetzung Niedeckens mit seinem Vater. Und er reißt auch in Goch die Zuhörer mit, die laut klatschen und jubeln. Spannend für BAP-Fans waren vor allem die Passagen, in denen Niedecken von dem Beginn seiner Musiker-Karriere berichtete und von den ersten Gehversuchen der Band BAP mit ihren kölschen Liedern. Niedecken fühlte sich sichtlich wohl auf der Bühne der Viller Mühle. "Wenn man nicht Rock-n-Roll-mäßig unterwegs ist, kommt man hier gar nicht nicht hin", stellt er fest. Unter großem Jubel kündigt er an: "Ich muss mal mit der Band wieder kommen."

(RP/ac)
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