Medizin Netzwerk für Palliativmedizin

Goch · Drei niedergelassene Gocher Ärzte haben sich vom bestehenden Verbund losgesagt und das „Palliativ Netzwerk Rhein-Maas“ gegründet. Am 1. Januar geht’s los. Elf Spezial-Pflegekräfte wurden eingestellt.

 Elisabeth Kleth, Jürgen Berger-Roscher, Ulrike Peters (v.l.).

Elisabeth Kleth, Jürgen Berger-Roscher, Ulrike Peters (v.l.).

Foto: Markus van Offern (mvo)

Für einen Großteil der Fläche, die bis vor kurzem Manfred Hübbers für seine Möbelausstellung nutzte, ist eine Nachfolgelösung gefunden: Das neu gegründete Palliativ Netzwerk Rhein-Maas nimmt dort seine Arbeit auf. Dahinter stehen die praktischen Gocher Ärzte Dr. Thorsten Krause und Dr. Jürgen Berger-Roscher, die in der Stadt eine Hausarztpraxis betreiben. Auf Sicht wird auch ihr angestellter Kollege Minko Kojouharov mitmachen. Die drei jungen Ärzte wollen schwerstkranke Menschen und ihre Angehörigen so versorgen, dass die verbleibende Lebenszeit der Patienten eine lohnende ist. Und es soll ihnen ermöglicht werden, diese Lebensphase im vertrauten Umfeld, nämlich zuhause, zu verbringen. Die Koordinationszentrale ist an der Brückenstraße 45-47 untergebracht. Eben in den bisherigen Kracht-Hübbers-Räumen. Auf der anderen Straßenseite liegt übrigens das Zentrum für klinische Arzneimittelprüfung MedicoKit - ein weiteres Unternehmen der drei Mediziner.

Die Gründung des Palliativ Netzwerks war nicht ganz einfach, deutet Jürgen Berger-Roscher an. Denn das Fachpersonal, das künftig in seinen Einsatz-Pkw kreuz und quer durch den Nordkreis fährt, musste dafür andere Arbeitgeber verlassen. Rechtlich sei aber alles geklärt und es könne nun losgehen, freut sich Berger-Roscher. Mitte des Jahres gab es nämlich eine gesetzliche Änderung. Bis dahin existierte ein Gebietsschutz für Palliativ-Netzwerke, seitdem dürfen sich auch neue gründen.

Mehr als 40 Patienten stehen bereits auf der Liste des Teams. Viele von ihnen wurden den Gochern von niedergelassenen Hausärzten vermittelt, die das Projekt unterstützen. Sie praktizieren in Goch, Kleve, Emmerich, Kalkar und Isselburg und setzen offenbar auf die lokale Kompetenz der Mediziner-Kollegen. „Und auf den Umstand, dass wir ein kleines Team ohne große Administration und die Notwendigkeit langwieriger Abstimmungen sind. Wir haben zwei Koordinatorinnen, die vor Ort sitzen, alle übrigen Pflegekräfte fahren herum und kümmern sich intensiv um die Patienten. Und zwar bei Bedarf rund um die Uhr - es gibt eine 24-Stunden-Rufbereitschaft. Ein bis zwei Stunden pro Tag und Patient sind in der Palliativpflege normal. Und wann immer das nötig ist, wird einer der Ärzte des Zentrums dazu gerufen. Und kommt so schnell er kann.

„Für unsere Praxispatienten waren die vergangenen Monate sicher nicht einfach. Dr. Krause und ich hatten viele Auswärtstermine und fehlten häufig. Das sollte jetzt, wenn der Start hinter uns liegt, aber besser werden“, glaubt Berger-Roscher. Dennoch wollen die drei weitere Ärzte einstellen, wenn sie denn welche finden. Da sind sie aber recht zuversichtlich, zumal für einige (vor allem weibliche) Kollegen auch Teilzeitstellen attraktiv seien. In Goch seien elf KV-Sitze frei, es müssten also dringend weitere Kollegen dazu kommen.

Um einen Anspruch auf die spezialisierte ambulante Palliativversorgung zu haben, muss der Patient eine weit fortgeschrittene nicht heilbare Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung haben. „Viele dieser Menschen leiden unter starken Schmerzen, Atemnot, Ängsten oder Übelkeit“, sagt Berger-Roscher. Sie möchten dennoch meist nicht in ein Hospiz, sondern zu Hause versorgt werden.

Die pflegenden Angehörigen brauchen die Unterstützung durch Profis, zu denen sie einen kurzen Draht haben. Jederzeit kann telefoniert werden, die Schwester oder der Arzt haben nie einen langen Weg. „Unsere Mitarbeiterinnen sind erfahrene Alten- oder Krankenpflegerinnen mit spezieller Fortbildung, die auch immer wieder aufgefrischt werden muss“, sagt der Mediziner, für den (und seine Kollegen) das natürlich genauso gilt.

Wie die drei jungen Ärzte, allesamt zudem Familienmenschen, die Dreifachbelastung aus Praxis, Institut und Netzwerk hinbekommen? „Wir gehen morgens vor der Praxis eine Stunde ins Institut, nachmittags teilen wir uns auf Sprechstunde und Palliativ-Versorgung auf.“ Die 35 bis 38 Jahre jungen Mediziner spüren natürlich die Belastung, er sei damit aber zufriedener, als er es mit der Hausarztpraxis alleine wäre, sagt Berger-Roscher. „Es gibt beim Umgang mit Schwerstkranken durchaus auch viele schöne Momente. Wir können helfen, erleben Dankbarkeit, spüren das Vertrauen. Es den Betroffenen leichter zu machen, lohnt jeden Aufwand.“

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