Goch Mordversuch: 91-jährige Frau überfallen und ausgeraubt

Goch · Mit einer kleinen und bunten Stofftasche in der Hand erschien Claudia H. gestern vor dem Klever Landgericht. Eine Stofftasche spielt auch in der Tat, die ihr vorgeworfen wird, eine entscheidende Rolle. Am 3. Juni vergangenen Jahres soll sie laut Anklageschrift einer 91-jährige Frau in ihrer Kevelaerer Wohnung eine Stofftasche über den Kopf gestülpt und diese mit einer an dem Beutel befindlichen Kordel zugezogen haben. Zuvor hatte das spätere Opfer eine Blechbüchse mit Geld aus dem Schrank hervorgeholt, an das die 50 Jahre alte Angeklagte offensichtlich herankommen wollte. Das wirft ihr zumindest die Staatsanwaltschaft Kleve vor, deren Anklage deshalb auf versuchten Mord aus Habgier hinausläuft.

Die Beschuldigte ließ sich gestern in einer von ihrer Anwältin Anke Zimmermann verlesenen Einlassung teilgeständig ein. Fragen zu ihrer Person hatte sie der 4. Strafkammer des Klever Landgerichts zuvor mündlich beantwortet. Die in Kalkar geborene 50-Jährige habe einen Hauptschulabschluss gemacht, anschließend jedoch keine Berufsausbildung absolviert. Stattdessen habe sie mehrere Jobs unter anderem im Freizeitpark Kalkarer Wunderland angenommen. Zwischenzeitlich habe sie auch immer wieder Leute, unter anderem ihre im Jahr 1988 verstorbene Mutter, gepflegt. Zuletzt habe sie sich bis zu seinem Tod Ende 2015 um ihren krebskranken Mann gekümmert. Finanzielle Probleme zogen sich nach Angaben der Angeklagten ebenfalls durch ihr Leben. Gleich mehrfach ist sie wegen Betruges verurteilt worden, unter anderem weil sie ihre Miete nicht bezahlte. Zuletzt habe sie von 400 Euro im Monat in Kevelaer gelebt.

Am Tattag habe sie dann kein Geld mehr gehabt, um ihr Handy-Guthaben aufzuladen, das sie aber gebraucht habe, um ihren Freund in Nigeria anzurufen. Also habe sie bei der 91-Jährigen am Wohnhaus geklingelt, um diese um ein paar Euro zu bitten. Die ältere Dame habe sie daraufhin in ihre Wohnung gebeten. Im Verlauf habe sich allerdings herausgestellt, dass die 91-Jährige sie mit einer anderen Frau verwechselt habe. Die Angeklagte gab weiterhin an, dass sie von der Dame zehn Euro erhalten habe, die sie aus einer Blechdose geholt hätte. In dieser habe die 50-Jährige noch mehr Geld liegen sehen, woran sie drankommen wollte. Damit die ältere Dame nichts sieht und aus einem eigenen Schamempfinden heraus, habe sie eine Stofftasche, an der sich jedoch keine Kordel befunden habe, über den Kopf der älteren Dame gestülpt, so die Angeklagte. Zugezogen habe sie aber nicht. "Ich bedauere es sehr. Dass die Frau unter der Tat immer noch leidet, beschäftigt mich auch sehr", ließ die 50-Jährige unter Tränen in ihrer Einlassung verlesen.

Das Opfer soll am nächsten Prozesstag, am Mittwoch, dem 15. März, aussagen.

(RP)
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