Goch Lobgesang Gottes und der Natur im Bahnhof

Goch · Ein sehr besonderer Aufführungsort für selten gehörte Lieder: Begeisterung über Händel-Arien.

 Gesine Lersch-van der Grinten (rechts) und Kollegin Sinje Kiel, begleitet von Monika Lensing (Violine) und Johannes Hombergen am Flügel.

Gesine Lersch-van der Grinten (rechts) und Kollegin Sinje Kiel, begleitet von Monika Lensing (Violine) und Johannes Hombergen am Flügel.

Foto: Settnik

Auch ohne Eintrittskarten-Verkauf scheinen die Veranstalter irgendwie gewusst zu haben, wie viele Gäste kommen würden: Alle Stühle waren besetzt beim Nachmittagskonzert im Gocher Bahnhof. Bereits zum neunten Mal lud die Kulturbühne zu den Kreis-Kultourtagen in diese besondere Aufführungsstätte ein. Wo sonst Fahrkarten gekauft werden und sich Wartende vor dem Regen unterstellen können, war am Sonntag klassische Musik angesagt. Und das sprach geschätzte 80 Menschen an - Männer und Frauen, Ältere und Jüngere, erfahrenes Konzertpublikum und Leute, die sich gerne mal auf etwas Neues einlassen. Romantisches Liedgut in der Bahnhofshalle, vorgetragen von vier heimischen Künstlern, die wohl niemanden enttäuschten: die Sopranistinnen Gesine Lersch-van der Grinten und Sinje Kiel, Monika Lensing (Violine) und Johannes Hombergen (Klavier).

"Irdisches Vergnügen" war der Nachmittag überschrieben, womit ein Gedichtzyklus des heute wenig bekannten Hamburger Dichters Barthold Brockes zitiert war. Dessen Werke hat Georg Friedrich Händel um 1725 vertont - eine Arbeit, die die klassische Musikliteratur als "Neun Deutsche Arien" kennt. Dem Musikliebhaber sind sie nicht unbedingt vertraut, denn sie werden selten aufgeführt. Ein Grund mehr für die Künstler, genau diese musikalischen Delikatessen zu Gehör zu bringen.

Händel war an den Königshäusern Europas zuhause. Der barocke Komponist wird gemeinhin mit weißer Perücke und in brokatbesetzter Kleidung dargestellt. Zahlreiche Opern, Oratorien, aber auch Kammermusik und eben Lieder schrieb er. Gehuldigt wurde damit nicht nur den adligen Auftraggebern, sondern vor allem dem Herrgott, dem die Menschheit nach damaliger Lesart all die Schönheiten der Natur zu verdanken hat. Dr. Stephan Mann als Leiter der Kulturbühne freute sich sehr über das große Interesse, das die Gocher zeigten.

Die beiden Sängerinnen legten viel Ausdruck in die empfindsamen, lobpreisenden Gedichte Brockes'. Die Niederländerin Kiel, Spezialistin für Barockgesang, überzeugte mit ihrem weichen, mühelos höchste Höhen erklimmenden Sopran, nachdem Gesine van der Grinten den Liederreigen mit dem eher schwermütigen Lied "Künft'ger Zeiten eitler Kummer" eröffnet hatte. Es bot der Gocherin, die auch im Mezzosopran zuhause ist, Gelegenheit, ihr breites stimmliches Spektrum auszuspielen. Am Flügel hielt sich Johannes Hombergen dezent im Hintergrund und überließ Monika Lensing (Violine) den Hauptpart der Begleitung.

(RP)
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