Goch/ALPEN Land ehrt den Lebensretter von der A 57

Goch/ALPEN · Jörg Rickers hat einen Mann aus dem brennenden Wrack seines Lamborghini gezogen — und wird jetzt dafür ausgezeichnet.

 Der Lamborghini hatte die Leitplanken auf der A 57 in Höhe des Parkplatzes Die Leucht. durchbrochen und war in Flammen aufgegegangen. Übrig blieb nur ein ausgebranntes Gerippe aus Stahl. Jörg Rickers (unten) ist es mit seinen Helfern gelungen, den Fahrer vorm Flammentod zu retten.

Der Lamborghini hatte die Leitplanken auf der A 57 in Höhe des Parkplatzes Die Leucht. durchbrochen und war in Flammen aufgegegangen. Übrig blieb nur ein ausgebranntes Gerippe aus Stahl. Jörg Rickers (unten) ist es mit seinen Helfern gelungen, den Fahrer vorm Flammentod zu retten.

Foto: Archiv

Jörg Rickers aus Goch fährt Müllwagen. Als er in diesen Tagen nach Feierabend nach Hause kam, fand er ein Schreiben in einem schmucken Umschlag im Briefkasten. Darin teilte ihm die Staatskanzlei in Düsseldorf mit, dass er zu den Männern und Frauen gehören werde, die Ministerpräsident Armin Laschet am Freitag, 16. November, in der Zeche Zollverein mit der NRW-Rettungsmedaille auszeichnen werde. „Wenn’s auch spät kommt“, so der Lebensretter, „aber ich freue mich sehr.“ Denn damit geht für den 57-Jährigen ein Kapitel einer Geschichte zu Ende, die schon lange zurückliegt.

Doch auch nach der Auszeichnung werden die dramatischen Bilder in seinem Kopf sein. Es war am Sonntagmorgen des 2. April 2017, als auf der Autobahn 57 Höhe des Parkplatzes Leucht ein weißer Lamborghini in Flammen steht. Rickers war es, der unter Einsatz seines Lebens mit seinen Helfern den im Cockpit seines Sportwagens eingeklemmten Fahrer in buchstäblich letzter Sekunde befreien und so vor dem sicheren Tod bewahren konnte.

Der weiße Sportwagen, der von einem Mann aus Rees gesteuert worden war, hatte in Fahrtrichtung Köln offenbar bei rasantem Tempo abgehoben und war wie eine Rakete durch die Mittelleitplanke gebrochen. Das brennende Wrack landete auf der Gegenfahrbahn. Menschen, die zufällig die Unfallstelle passierten, eilten zur Hilfe. Vergeblich. Bis Jörg Rickers dazu stieß. „Ich hab’ dem Mann auf dem Fahrersitz direkt ins Gesicht gesehen“, so Rickers. Die Kopfstütze hatte schon Feuer gefangen. „Ich hab’ gedacht, der verbrennt vor meinen Augen.“ Die Lage schien aussichtslos. Doch Rickers handelte. Trotz unerträglicher Hitze packte er den gewichtigen Mann. Mit vereinten Kräften gelang es, ihn ins Freie zu ziehen. Sekunden später brannte das Wrack lichterloh.

Eine knappes halbes Jahr später las Rickers in der Zeitung, dass zwei Nato-Soldaten, die wie er auch am Unfallort waren, an ihrem Stützpunkt in Uedem für ihre Rettungstat geehrt worden waren. Aber von ihm kein Wort. Aus seiner Enttäuschung hat er damals im Gespräch mit der Redaktion keinen Hehl gemacht. Ein Sprecher der Autobahnpolizei, der Rickers ein Gedächtnisprotokoll zugeschickt hatte, deutete an, dass seine selbstlose, mutige Tat nachträglich noch gewürdigt werde.

Jetzt ist wohl so weit. Der Kreis Kleve, so Rickers, habe sich bei ihm gemeldet und Fragen zu dem dramatischen Geschehen gestellt. Der Vorgang sei dann offenbar weitergeleitet worden zur Landesregierung, die ihn jetzt nach Essen eingeladen habe. „Das ist ein besonderer Tag. Ich werden meinen besten Anzug anziehen“, sagt der Mann, der seit fast 30 Jahren Müllwagen fährt. Zwei Begleiter dürfe er zum Festakt mitbringen, sagt er: „Meine beiden Töchter möchten an meiner Seite sein.“

 Der 57-jährige Jörg Rickers rettete im April 2017 einem anderen Menschen nach einem Autounfall das Leben.

Der 57-jährige Jörg Rickers rettete im April 2017 einem anderen Menschen nach einem Autounfall das Leben.

Foto: Jörg Rickers

Lange noch habe ihn Aktion im Flammenmeer stark belastet. „Immer wieder hatte ich den Mann im brennenden Auto vor Augen.“ Der Fahrer habe ihn mal besucht, um sich zu bedanken. Und er habe noch unregelmäßig Kontakt. Ihm gehe es wieder ganz gut. „Auch für mich ist es besser geworden“, sagt Rickers. „Ich denke nicht mehr so oft daran.“ Aber neulich habe er zum ersten Mal in seinem Leben einen Alptraum gehabt. „Alles stand in Flammen. Ich dachte: Geht das schon wieder los.“

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