Brexit in Kevelaer Kreis streicht Hartz IV für Briten

KEVELAER/KREIS KLEVE · Das Datum für den Brexit steht in den Sternen, doch die Kreisverwaltung hat bereits reagiert. Er hat den hier lebenden Briten schon mal die Sozialleistungen gestrichen. Die Grünen üben daran heftige Kritik.

 Birgitt Höhn von den Grünen kritisiert den Kreis.

Birgitt Höhn von den Grünen kritisiert den Kreis.

Foto: Anja Settnik

„Kreisverwaltung zieht den Brexit vor“ lautet die Überschrift einer Pressemitteilung der Grünen, die wie ein Aprilscherz klingt, aber keiner ist. „Im Kreis Kleve lebende Briten, die im SGB-II-Bezug sind, haben am Freitag keine Leistungen mehr erhalten“, heißt es. Gemeint ist damit die Grundsicherung für Arbeitslose, also Hartz IV. Am Freitag war ein im Kreis Kleve lebender Brite in die Geschäftsstelle der Grünen gekommen und hatte sich beklagt, dass ihm die Leistungen gestrichen wurden. „Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig, als der Mann mir gesagt hat, er habe kein Geld mehr gekriegt“, sagt die Vorsitzende der Grünen im Kreistag Birgitt Höhn. „Wovon sollen diese Briten leben und am 3. April ihre Mieten bezahlen?“, fragt sie. „Das trifft die Menschen absolut unvorbereitet.“ Sie  habe sich direkt beim Bundesarbeitsministerium informiert und dort die Auskunft bekommen, dass selbstverständlich weiter gezahlt werde. Die Grünen fordern die Kreisverwaltung auf, die Zahlungen wieder aufzunehmen.

Es mag korrekt gewesen sein, den 29. März als Brexit-Termin im Blick zu haben. „Aber selbst für den Kreis Kleve müsste abzusehen gewesen sein, dass aus diesem Termin wohl nichts wird“, sagt Birgitt Höhn. Schlimm sei auch, dass die Betroffenen nicht informiert worden seien.

Beim Kreis Kleve weist Sprecherin Ruth Keuken den Vorwurf zurück, die Betroffenen seien nicht informiert worden. Sie wüssten bereits seit Monaten Bescheid. Der Bescheid zu den Leistungen sei nämlich bis Ende März 2019 befristet gewesen. „So eine Befristung ist nichts Ungewöhnliches“, sagt Keuken. Man habe das Datum in den Bescheid reinschreiben müssen, weil der Termin für den Austritt ins Auge gefasst worden sei und man nicht gewusst habe, was die Briten tun.

Im Mai 2018 habe das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes empfohlen, den Bewilligungszeitraum für britische Leistungsbezieher zum 29. März 2019 enden zu lassen. „Diese Information wurde im Mai 2018 an alle Jobcenter im Kreis Kleve weitergeleitet. Somit war auch der zitierte Kunde durch den vorliegenden Leistungsbescheid rechtzeitig in Kenntnis gesetzt, sich eigenverantwortlich um seine Belange den Brexit betreffend zu kümmern“, so Ruth Keuken. „Angesichts der von der Bundesregierung vorgesehenen Übergangsregelungen wurden die Kommunen informiert, dass gegen die Leistungsgewährung für den April vorbehaltlich weiterer Anweisungen keine Bedenken bestehen“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des Kreises.  Natürlich sei es unter den momentanen Umständen kein Problem, dass die Briten bis zum Brexit weiter Leistungen bekommen – allerdings nicht automatisch. Sie müssen jetzt das Geld neu beantragen.

Der Nachbarkreis Wesel hat im Gegensatz zu Kleve die Leistungen nicht gestrichen. Die Zahlungen  würden erst einmal ganz normal weiterlaufen, sollte es zum Brexit kommen, werde man jeden Einzelfall prüfen. „Nur weil jemand nicht mehr aus der EU kommt, heißt das nicht, dass er keine Leistungen mehr bekommt“, erläutert Marcel Behr, Bereichsleiter Leistungsgewährung beim Jobcenter des Kreises Wesel. Wer eine Arbeitserlaubnis hat, habe auch Anspruch auf Hartz IV. Man zahle auch weiter, weil noch keine endgültige Entscheidung zum Brexit-Termin gefallen sei. Auch ein anderer Nachbarkreis zahlt weiter: Im Kreis Borken sind 15 Personen betroffen. Es habe zwar die Empfehlung des Ministeriums gegeben, man verfahre aber so, dass man die Leistungen weiter zahle bis es Klarheit beim Brexit gebe.

(zel)
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