Traditionsgebäude Gocher Kolpinghaus wird verkauft

GOCH · Vier Pächter in fünf Jahren, zwischendurch immer wieder Pausen: Das Versammlungsgebäude der Gocher Kolpingfamilie an der Mühlenstraße braucht eine andere Finanzierungsgrundlage. Der Verein zieht die Reißleine.

 So sieht es aus, das Gocher Kolpinghaus an der Mühlenstraße, das in den letzten Jahren eine turbulente Phase durchlebte.

So sieht es aus, das Gocher Kolpinghaus an der Mühlenstraße, das in den letzten Jahren eine turbulente Phase durchlebte.

Foto: Anja Settnik

Es war immer eine gute Adresse, und in den Augen der Vereinsmitglieder sollte ihrem „Zuhause“ auch eine gute Zukunft beschieden sein. Doch die Schwierigkeit, einen verlässlichen Pächter zu finden, der langfristig Kundschaft an sich bindet, haben Gochs Kolpinghaus immer wieder negative Schlagzeilen gebracht. Jetzt hat der Vorstand die Reißleine gezogen und in einer eigens einberufenen Versammlung die Mitglieder darüber informiert, dass das Gebäude verkauft wird. „Wir haben schon einen Makler einbezogen und hoffen, dass er einen Käufer für die Immobilie findet“, sagt Franz-Josef Angenendt, der Vorsitzende der Gocher Kolpingfamilie.

Wie berichtet, haben in den vergangenen fünf Jahren vier Pächter die Gastronomie des Hauses bewirtschaftet. Vorne das Abend-, manchmal auch Mittagsgeschäft à la Carte, hinten wurde der Saal mehr oder weniger häufig vermietet. Doch trotz zu Beginn zuversichtlicher Stimmung funktionierte der Betrieb nie lange. Den Gästen gefiel das Essen, der Service oder das Ambiente nicht, die Besucherzahlen gingen zurück, der Umsatz reichte nicht aus, die Pächter gaben auf. „Und damit fiel die Mietzahlung an uns aus, die wir brauchen, um unsere Verbindlichkeiten zu bedienen“, erklärt Angenendt.

Warum bereitet ein Haus, das einem Verein seit 1880 gehört, seinem Eigentümer solche Probleme? „Wir haben ja keine andere Einnahme als die Miete, und wir haben im Laufe der Zeit viel investiert. Ende der 90er Jahre bauten wir den Saal an, es gab neue Fenster, das Haus wurde neu verklinkert, der Hof gepflastert. Vor fünf Jahren kam eine neue Küche rein. Das alles hat viel Geld gekostet, das wir aufnehmen mussten“, gibt der Vorsitzende zu bedenken. Während der Verein unter dieser Last ächzte, waren viele Gäste eher der Meinung, es müsse noch mehr getan werden, damit das Kolpinghaus ein zeitgemäßes Restaurant würde. Die Möblierung war so ein Thema, insbesondere die durchgesessenen Stühle genügen den Ansprüchen längst nicht mehr. Eine vermeintliche „Kleinigkeit“ – „aber wir brauchen davon 100 Stück, und dann ist eben eine erhebliche Summe nötig.“

Wegen der unklaren Situation haben dem Kolpinghaus im Laufe der Zeit offenbar einige Gruppierungen den Rücken gekehrt. Wer sich regelmäßig in einem Gruppenraum versammeln möchte, braucht Verlässlichkeit. „Zuletzt waren es nur noch unsere acht Kolping-Gruppen, die das Haus nutzten“, sagt Angenendt. Wobei der 650 Mitglieder starke Verein alles andere als ein kleiner Nutzer ist. Allein die Karnevalsabteilung ist riesig, dazu der Chor, die Frauen, die Senioren – Kolping braucht Platz.

„Am besten wäre natürlich, ein solventer Gastronom würde das Haus kaufen, es renovieren und uns dann Räume zur Verfügung stellen“, sagt der Vorsitzende. Mit Neid blicken die Gocher auf Kleve, wo der dortigen Kolpingfamilie von der Kisters-Stiftung ein tolles Gebäude übergeben wurde, das der Verein nun betreibt. „Wäre unser Haus in einem so guten Zustand, dass man die Wohnungen oben vermieten könnte, wäre die Situation eine andere“, überlegt Angenendt. Zwei Wohnungen gibt es in der zweiten Etage, die in der ersten Etage ist durch die Erfordernisse des Brandschutzes weggefallen. Das Problem könnte man vermutlich baulich anders lösen – mit Geld.

 Die Büste von Adolph Kolping erinnert in Goch an den Mann, dessen Namen die Kolpingfamilie in der Weberstadt trägt.

Die Büste von Adolph Kolping erinnert in Goch an den Mann, dessen Namen die Kolpingfamilie in der Weberstadt trägt.

Foto: Anja Settnik

„Es fällt uns nicht leicht, uns von dem Gebäude mit so langer Tradition zu trennen“, sagt der Vorsitzende. „Das tut weh, da sind so viele Emotionen mit verbunden. Mit vereinten Kräften hat  der Verein nach dem Krieg das zerstörte Gebäude wieder aufgebaut.  Aber das Bedauern nutzt nichts, wir können das Haus aus eigener Kraft nicht mehr halten.“ Ungern vorstellen möchte sich der Vorstand, dass jemand den ganzen Komplex kauft und abreißt, um danach neu zu bauen. Aber wenn sich kein mutiger Investor, der einen guten Wirt mitbringt, findet, wird es wohl genau darauf hinauslaufen.

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